Reisen

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Der Rucksack

Schon erstaunlich, auf was der Mensch so alles verzichten kann. Für 16 Tage geht alles in einen 28-Liter-Rucksack.  Funktionsunterwäsche und der Gedanke, dass ich ja alles selbst schleppen muss, machen das möglich.  7,5 Kilo – mehr will ich meinem Rücken nicht zumuten. Das Gute dabei ist, wie meine Freundin Beate meint: Du musst morgens nicht überlegen, was du heute anziehen sollst.

 

Was es ist, und was es nicht ist

Nein, das ist keine Pilgerwanderung! Fast jedes Mal, wenn ich erzähle, dass ich eine längere Wanderung plane, war die Reaktion: Ach, eine Pilgerwanderung! Oder: Geht es nach Santiago de Compostella?

Es beschleicht mich das Gefühl, dass heutzutage kaum noch jemand wandert – es sei denn, es geht in die Alpen. Nein, „man“ nimmt eine Pilgerroute.   Davon gibt es jedes Jahr mehr. Allein durch die Pfalz führen 5 „Jakobspilgerwege“: ein nördlicher und ein ein südlicher Weg (von Speyer nach Hornbach), dazu eine Verbindungsroute, eine Klosterroute von Worms nach Metz, und seit neuestem auch eine von Wissembourg nach Bad Bergzabern.  Dazu eine Menge erbauliche Literatur, Krimis vom Jakobsweg, Historisches (Seriöses und Historienschinken), Kartenmaterial, Internetseiten, „Übernachtungsmöglichkeiten am Jakobsweg“….. das Pilgergeschäft blüht. Aber das war ja schon vor 1000 Jahren so. Und hilft auch der heimischen Wirtschaft. Trotzdem: Schon eigentümlich in unserer säkularisierten Gesellschaft.

Ich jedenfalls werde nicht pilgern.

Ich wandere. Suche mir Wege durch schöne Landschaften. Meide Straßen. Genieße angenehme Übernachtungsmöglichkeiten und gutes Essen. Und wenn es mir zuviel wird, nehme ich auch mal den Bus.

Auf der Route bleibt es nicht aus, dass ich auch auf markierte Wege mit der „Muschel“ treffe: Von Worms bis Wachenheim an der Pfrimm verläuft heute die „Klosterroute“, die früher mal Nibelungenweg hieß. Und von Lambrecht bis nach Vogelbach gehe ich die Nordroute des Pfälzer Jakobsweges. Das hat seinen Grund: Denn in meinem Heimatort liegt die älteste Kirche der Westpfalz, eine Simultankirche, ein spätromanisches Juwel, das von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Hier entlang des Pfälzer Bruchs führte der Jakobsweg . Auch deshalb, weil das schon bei Kelten und Römern ein bedeutender Verkehrsweg war. Die Kirche ist den Heiligen  Jakobus und Philippus geweiht, aber viel wichtiger ist, dass Hubert und ich dort geheiratet haben. Auch Florian wurde dort zusammen mit Geza getauft.

Deswegen ist meine Wanderung auch ein Weg zurück. 1974 hat mich mein Vater zum Studieren nach Mainz gefahren. Mainz war für mich eine Großstadt – heute denke ich da etwas anders drüber -, aber wenn jemand aus einem 1.300-Seelen-Dorf kommt, 18 Jahre alt ist und über Kaiserslautern und ein paar Besuche in München noch nicht so viel städtisches Leben gesehen hatte, war Mainz –  jedenfalls in den 70er Jahren  – schon etwas Besonderes. Nach über 40 Jahren, in denen ich jetzt in Mainz lebe, ist mir die „Großstadt“ von einst vetraut geworden.  Oft denke ich: Mainz ist ein Dorf! Kein Einkauf, kein  Theaterbesuch, keine Veranstaltung, ohne dass ich  Bekannte treffe.

Zeit, sich auf den Weg in die Heimat zu machen.

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