Fast zwei Jahre sind es her, seit ich auf dem Hülfensberg meine Tour auf dem Grünen Band ein paar Tage früher als geplant abgebrochen hatte. Das Wetter war einfach zu schlecht. Eine gute Entscheidung, denn zuhause stellte sich heraus, dass ich zudem einen Ermüdungsbruch im Becken hatte. Das waren auch die Schmerzen gewesen, die mich am letzten Tag so schrecklich geplagt hatten. Jetzt also ein neuer Aufbruch. Das Wetter ist nicht so, wie ich es mir gewünscht habe, ich habe allerdings meine Tochter als Begleiterin. Wir planen nur ein paar Tage unterwegs zu sein. Einmal, weil ich ausprobieren will, wie meine Knochen das Laufen mit Gepäck verkraften. Zum anderen, weil ich die 4 Tage vorher bereits mit Freunden auf dem Werratal-Radweg unterwegs war. Wir starten in Bad Sooden-Allendorf, wo ich nach der Fahrradtour einen Ruhetag eingelegt habe. Das Kurstädtchen ist tatsächlich eine „Bindestrich-Stadt“. Diesseits der Werra der Kurort Bad Sooden mit Jugendstilvillen aus der Hochzeit des Kurens, dem Gradierwerk, dem Kurpark, dem stylischen Kurtheater (Kino) aus den 60er Jahren und der Therme. Jenseits der Werra Allendorf mit seinem geschlossenen Altstadtkern aus beeindruckenden Fachwerkbauten. Fürs Herz hat Allendorf auch was, denn durch die vielen Wehre sind zahllose Seitenarme und kleine Inseln in der Werra entstanden. Die Gegend rund um die Fischerstad nennen die Einheimischen deshalb „Klein-Venedig“.

Brücke über der Werra, die Bad Sooden und Allendorf verbindet
Auch wenn die Blütezeit der beiden Städte schon lange vorbei ist, so erahnt man bei einem Spaziergang doch, wie reich die Stadt durch Salzgewinnung und -handel einmal gewesen war. Und wie kreativ zudem, das Gradierwerk zur Salzgewinnung in späteren Zeiten zum Aufbau als Kurstadt zu nutzen.
Ich wiederum nutze den Ruhetag, um hoch auf den Sickenberg zu gehen, wo 1991 das erste Grenzlandmuseum erbaut worden ist. Das Museum „Schifflersgrund“ liegt auf thüringischer Seite und wird derzeit modernisiert. Besonders beeindruckend – und gleichzeitig erschreckend – sind die Außenanlagen mit einem 1500 m langen Metallgitterzaun, Reste des Kraftfahrzeugsperrgrabens, Suchscheinwerfern, Pfosten mit modellartigen Nachbildungen von Splitterminen und, und, und….
In einem Lagerraum steht noch der Schaufelbagger, mit dem hier am 29. März 1982 der Arbeiter Heinz-Josef Große die Flucht über den Grenzzaun versuchte – und von zwei jungen Grenzsoldaten erschossen wurde.

Der Schaufelbagger, mit dem Heinz-Josef Große vergeblich versuchte, die Grenze zu überwinden: Er wurde erschossen.
Er hatte als Zivilist jahrelang an der Grenze gearbeitet. An dem Tag seiner Flucht war er mit Erdarbeiten beschäftigt. Als er sich unbeobachtet fühlte, fuhr er an den Grenzzaun, legte den Auslader darüber, kletterte hinauf und sprang. Er versuchte, über die steile Böschung die Grenzlinie zu erreichen, wurde aber entdeckt und erschossen.
An ihn und andere Opfer des DDR-Regimes erinnern hier oberhalb von Bad Sooden-Allendorf einige Kunstprojekte, beeindruckend in die Landschaft gesetzt.






Es war ganz eigentümlich: Als ich mit meinem schweren Rucksack japsend endlich den steilen Hang die 400 Meter hinauf zur Teufelskanzel geschafft hatte und oben auf der notdürftig gesicherten Plattform balancierte, kamen mir sofort Bilder vom Brocken und der Walpurgisnacht in den Sinn. Und tatsächlich, wie ich später erfuhr, sind beide Orte in einer Sage verbunden: Als nämlich in einer jener berauschenden Frühlingsnächte der Teufel von einer Kanzel auf dem Brocken den Hexen die Leviten gelesen hatte, fragte ihn eine im Scherz, ob er denn die Fels-Kanzel, ohne sich auszuruhen, zum Hohen Meißner auf dem linken Werra-Ufer tragen könne. Der Teufel, immer vor Übermut und Selbstbewusstsein strotzend, sah dies als eine Kleinigkeit an, packte den Felsblock und brauste Richtung Meißner. Doch dann kam er auf dem Höhberg, noch auf der rechten Werra-Seite, ins Schwitzen. Am Ende seiner Kräfte, musste er ausruhen. Wieder eine Kleinigkeit, dachte er, denn in dieser menschenleeren Gegend würde ihn ja sowieso niemand sehen, wenn er kurz verschnaufen würde. Da hatte er aber die Rechnung ohne das kleine Hexlein gemacht, das ihm auf einem Besen gefolgt war und ihn sofort einen Prahler und Angeber schimpfte.







