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Kategorie: Uganda 2020

Reise durch Uganda, 2020

Uganda – wieso denn dorthin?

Der Kronenkranich ist das Wappentier Ugandas. Diese beiden Prachtexemplare habe ich im Lake-Mburo-Park aufgenommen.

Es gibt gewiss nicht so viele Frauen, die die 60 überschritten haben und eine Reise nach Uganda ganz oben auf Ihrer Bucket List stehen haben. Und das noch allein, ohne Reisegruppe und Betreuung durch eine kundigen Führer.

Wir – Beate und ich – wagen es. Ein wenig verrückt muss man für so eine Reise sein. Und eine „Andockstation“ haben, wie z.B. eine Freundin, die in Kampala arbeitet. Und ein kleines Reisebüro in Uganda, mit dem zusammen wir im Vorfeld alles geplant haben. Und Neugierde gehört dazu auf ein uns so fremdes Land in diesem riesigen Kontinent Afrika.

Ich bin sehr gespannt auf die „Perle Afrikas“ ( Churchill) am Äquator, von der ich nicht viel weiß. Ich assoziiere immer noch zuerst die Terrorherrschaft von Idi Amin und seinem Nachfolger Obote. Das ist Vergangenheit, ebenso wie die Kolonialherrschaft Englands im „britischen Protektorat“. Ich weiß, dass der jetzige Staatschef Yoweri Museveni mit Unterstützung tansanischer Gruppen das Land von der Schreckensherrschaft befreite, dass er einen Demokratisierungsprozess einleitete, aber jetzt die Gefahr besteht, dass er sich in die Reihe der „alten Herrscher Afrikas“ einreiht, die nicht von der Macht lassen können: Korruption, Polizeigewalt, Verfolgung von Schwulen und Lesben.

Gelesen habe ich vom Bürgerkrieg zwischen der Lord’s Resistance Army (LRA) und der ugandischen Armee (1987-2006) im Norden des Landes, den Kindersoldaten, den zehntausenden Toten, der Zerstörung und dem jetzt langsam voranschreitenden Wiederaufbau und der Aufarbeitung der Vergangenheit. Übrigens: Wir werden nicht im Norden unterwegs sein, trotz guter Sicherheitslage.

Ich habe aber immer auch wieder Uganda-Reisende von der Freundlichkeit der Bewohner*innen schärmen hören, von der Vielfalt und Schönheit des Landes, vom Tierreichtum – und natürlich von faszinierenden Begegnungen mit den Gorillas.

Ich bin also gespannt. Wir starten heute abend.

Unsere Route folgt im nächsten Blog.

 

Die Route

Nach den ersten Tagen bei einer Freundin in Kampala – vielleicht klappt es ja, dass wir in dieser Zeit auch einen Ausflug nach Jinja unternehmen – geht die Rundreise los. Die erste Übernachtung ist im Ziwa Rhino Sanctuary, einem Schutzgebiet zur Wiedereinführung und Zucht des in Uganda in den 70er Jahren völlig ausgerotteten Breitmaulnashorns. Mehrere Tage wollen wir danach im Murchison Falls National Park bleiben. Für Kineasten: Dort wurde am Weißen Nil und am Albert-See „African Queen“ mit Katharine Hupburn und Humphrey Bogart gedreht.

Zwei lange Fahrten auf der Piste führen uns über den Bugoma Forest zum Kibale Forest Nationalpark. Schimpansen-Tracking steht auf dem Programm.

Der Queen Elisabeth Park, unser nächstes Reiseziel, liegt am Äquator. Wir sind sowohl im nördlichen als auch im südlichen Teil, dem Ishasha-Sektor und freuen uns auf Begegnungen mit hoffentlichen vielen afrikanischen Wildtieren.

Dann folgt ein Höhepunkt unserer Rundreise: Das Gorilla-Tracking im Bwindi Impenetrable Nationalpark.

Nach zwei Erholungstage am Lake Mburo geht unserer Rundreise in Kampala zu Ende.

Zum Auftakt: Regenbogen über grünen Hügeln

Wenn das kein gutes Zeichen für eine Reise ist: Wir sitzen am frühen Abend auf der Terrasse des wunderschönen Hauses einer Freundin in Muyenga bei Kampala, essen Tomaten, Avocados und süße Bananen, trinken Wein, geniessen die Ausicht auf die umliegenden grünen Hügel und – um die Ecke – die Skyline von Kampala. Nach einem kurzen Nieselregen erscheint ein blasser Regenbogen am Himmel.

Wir sind gut in Entebbe angekommen nach ca. 16 Stunden Flug. Entebbe weckt bei mir immer noch Erinnerungen an die Flugzeugentführung 1976 durch palästinensische und deutsche Terroristen und die Geiselbefreiung hier auf dem Flughafen durch Israel.

Der Flughafen ist nicht allzu groß, so dass wir uns leicht zurecht finden. Das Einreiseprozedere geht fix. Sim-Karte fürs Telefon, der Fahrer wartet bereits – alles läuft problemlos.

Draussen ist es 27 Grad und etwas diesig.

Wir fahren auf einem ganz neuen Highway Richtung Kampala.

Der erste Eindruck: grün. Der zweite: immer noch grün. Die Hügellandschaft erinnert an Ruanda – nur weitläufiger.

Wir kaufen Bananen, Wasser, tauschen Geld und sind dann bei meiner Freundin, die erst morgen von einer Reise zurück kommt. Also machen wir uns mit Hilfe der Haushälterin das wunderschöne Haus vertraut.

Und versuchen zu realisieren, dass wir in Uganda sind.

Ein unkomplizierter Start. Ich hatte mir es nicht sooo einfach vorgestellt.

Morgen früh erkunden wir Kampala.

Kampala: Über sieben Hügel musst du gehn

Irgend jemand hatte kurz vor unserer Abreise behauptet, Kampala sei ein Moloch. Das ist die Stadt mit den 2 Millionen Einwohnern (offizielle Zählung, tatsächlich sind es ein paar Millionen mehr) definitiv nicht. Im Gegenteil: Die sieben Hügel, auf denen es ursprünglich erbaut worden ist (mittlerweile sind einige mehr dicht besiedelt), geben der Hauptstadt Kontur und Besucherinnen eine gute Orientierung. Tatsächlich atemberaubend ist allerdings der Verkehr.

Kampala hat keine 8spurigen Straßen wie zum Beispiel Johannisburg, und so drängen sich in der Kampala Road ebenso wie auf den kleineren Nebenstrassen Autos, Lastkraftwagen, Minibusse und vor allem Tausende Boda-Bodas (Motorradtaxis), die sich wie Slalomfahrer zwischen den Autos durchschlängeln. Voran geht es meistens im Schneckentempo. Big Traffic! Um als Fußgänger die Straße zu queren, dauert es schon eine Weile, bis man eine Lücke gefunden hat.

Als solche sind wir heute unterwegs. Mit Grace, die junge Chefin der Gracelands African Vacations  , die u.a. Walking Tours durch Kampala anbietet. Wir haben Sie durch den Tipp einer Freundin „entdeckt“ – Danke, liebe Anette! 8 Stunden sind wir bei über 30 Grad mit ihr zu Fuß unterwegs. Gefühlt steigen wir auf alle Hügel der Stadt rauf und wieder runter, tatsächlich sind es nur 3. Wir erfahren eine Menge über die Geschichte, die Kultur und die Entwicklung Ugandas, wobei Grace alle unsere in schlechtem Englisch gestellten Fragen geduldig beantwortet. Auffällig ist, dass Kampala relativ viel Grünfläche hat. Und was uns zum Staunen bringt, sind die Marabus, die am Himmel kreisen und überall in den Bäumen Nester gebaut haben.

Wir gehen am Parlament vorbei und den Ministerien, legen eine kleine Pause am Unabhängigkeitsdenkmal ein, bestaunen die Hochhäuser im Bankenviertel (inklusive der Prachtbauten, die der katholischen und der anglikanischen Kirche gehören) machen im Cafe „1000 Cups of Coffe“ wieder eine Pause und lassen uns dabei etwas über Kaffeemischungen erklären. Wir bewundern im Craftmarket die vielen, aus der Rinde des Feigenbaums hergestellten Taschen, wir staunen über die Schaufensterpuppen in der ältesten Mall Kampalas, die vom Hochzeitskleid bis zum Schlafanzug alles tragen, und wir sind begeistert von der unbeschreiblichen Vielfalt auf dem Frucht- und Gemüsemarkt Nakasero.

Am eindrücklichsten ist aber der riesige Owino Markt in Old Kampala, Down Town. Die Hochhäuser sind hier weit weg. Kein Souk in Marokko ist damit vergleichbar. Ohne Grace wären wir vielleicht hinein-, aber nicht mehr herausgekommen. Es gibt alles: gebrauchte Kleider und Schuhe aus Europa und Amerika, Salzblöcke aus den Salzseen, Berge von Ingwer, getrockneten Fisch, Töpfe, Werkzeuge. Alles scheint irgendwie seinen Platz zu haben, aber die Regeln erschließen sich mir nicht. Alles ist in Bewegung, es wird geschubst – aber nicht aggressiv -, es wird gerufen, Musik schallt aus Lautsprechern, Männer die sich mit ihren beladenen Karren irgendwie einen Weg durch das Gedränge bahnen, Frauen, die Erbsen puhlen …. Und dann die Gerüche: gegrillte Hähnchenteile, Fisch, der Duft von Ananas und reifen Bananen. Der Appetit kommt. Und so probieren wir von den frischen Bananen-pancakes. Köstlich.

Raus aus dem Gewimmel geht es wieder hoch – zur von Gaddafi für die ugandischen Moslems erbauten Uganda National Mosque von 2006. Ein wenig verkleidet kommen wir uns vor mit unserer Kopfbedeckung und dem Tuch über den Hosen. Die Moschee ist riesig mit Fensterglas aus Italien, Kronleuchtern aus Ägypten und Teppichen aus Libyen. Unsere Guide dort – nicht Grace – singt mit einer wunderbaren Stimme eine Koransure.

Wir nehmen eine Querstraßen, kaum geteert, einfaches Wohngebiet. Überall kleine Hütten aus Holz und Blech mit Sitzgelegenheiten und aussen einer Kochstelle. Wir essen Rolex – kommt von „rolled eggs“ – ein Omelette mit Tomaten, Paprika, Gemüse, eingerollt in Chapati. Ein beliebter Snack. Er ist scharf, heiß und schmeckt. Jedenfalls haben wir soviel Energie getankt, dass wir nochmal runter und rauf zum Königspalast laufen können, dem Ende unserer Tour. Sollte jemand von meinen Leserinnen nach Kampala kommen: Grace Sightseeing-Tour zu Fuß ist eigentlich ein „Muss“.

Idi Amins Folterkammer

Das Königsschloss war nicht die letzte Station unseres Kampala-Spaziergangs. Ein Guide geht mit uns auf einem Rasenweg den Hang ein Stück hinunter. Eine Margeritenart blüht rot auf einer Wiese. Dann ein offener Betonbunker, in den der Grasweg hineinführt.

In dem Tunnel, auf einem schmalen Podest, sind Zellen eingelassen. Israelis hatten den Betonbau unter der Erde als Munitionslager für Idi Amin gebaut. Der missbrauchte ihn in den 70er Jahren als Folterkammer. Mindestens 100 000 Menschen wurden hier bestialisch ermordet. Der Tunnel war mit elektrifziertem Wasser gefüllt. In den Zellen gab es nichts. Die Leichen wurden in den Viktoria-See geworfen – den Krokodien zum Fraß. Nur ein Hinweisschild steht am Eingang. Man sieht im Tunnel die ehemalige Wasserlinie.

Wir sollen dem Guide in eine der Zellen folgen. Wir können es nicht. Es sieht aus, als sei der Bunker gestern verlassen worden.

Zu diesen und anderen Folterstätten – wie z.B. den „Killing Fields“ der Roten Khmer – gibt es mittlerweile einen organisierten „Dark Tourism“. Das Geschäft läuft gut.

Boda-Boda with two Mamis

Wir saßen zu zweit mit dem Fahrer und Einkaufstaschen auf dem Motorrad – eigentlich nicht erlaubt. Das wussten wir allerdings nicht.

Wir waren auf dem Markt in Muyenga einkaufen, in dem Stadtteil, in dem wir wohnen: Tomaten, Mangos, Gurken. „Kaffeetee“ trinken. Das ist Wasser mit Kardamon und Nescafe. Dann im Supermarkt noch Wein und Vorräte für unsere Tour besorgen. Es ist heiss, der Weg die Strasse hinauf zum Haus unserer Gastgeber ist steil und weit. Also Boda-Boda. Der Preis: „3000 Shilling.“ „Too expensive.“ „What can you pay?“ „2000“.

Das, so wussten wir, ist üblich.

Bepackt mit Rucksack und Einkaufstasche steigen wir auf. ‚Two Mamis – thats heavy!“ Der Fahrer fährt sehr vorsichtig. Am Ende hat er beinahe vergessen, unser Geld zu nehmen.

Bereits gestern auf den Märkten haben wir gemerkt, mit wie viel Respekt man uns begegnet. Keine „Muzungu“-Rufe. Höchstens ein „Hallo, Mami“.

Alter hat auch seine guten Seiten unterwegs in Afrika.

Übrigens: Boda-Boda kommt von „from border to border“, weil die ersten Fahrer ursprünglich zwischen der kenianischen und ugandischen Grenze unterwegs waren.

On the road again

Die Hähne im Garten unserer Gastgeber krähen, die Koffer sind wieder gepackt, das Auto für unsere Tour steht im Hof, Sonntagmorgen, kurz vor neun Uhr: Es kann losgehen!

Gestern war Vorbereitungstag. Morgens gab es mit Jan die beste Fahrstunde ever, allerdings mit seinem eigenen Jeep und Automatik. Wir sind zuerst in Straßen mit weniger Traffic gefahren, haben uns wieder an den Linksverkehr gewöhnt. Dann das Fahren auf engen Wegen, auf Piste, durch Schlaglöcher, steile kurvige Straßen hinauf mit Gegenverkehr. Wichtigste Regel: selbstbewusst fahren und so, dass die anderen wissen, wohin man will. Ich denke an einen Satz meines Vaters: Wenn du deutlich fährst, brauchst du keine Blinker.

Zweite Regel: Lass dich von den Boda-Bodas umfließen. Du bist der große Fisch, die kleinen weichen dir aus.

Dritte Regel: Achte auf deinen Abstand links, damit du notfalls noch ausweichen kannst.

Am Nachmittag ist  der „zweite Jan“ von Earthwanderer gekommen und hat uns den riesigen Hillux gebracht. Keine Automatik!  Allein das Einsteigen – eher Hochklettern – ist eine Herausforderung.

Jan hat unsere Rundtour geplant. Er hat uns mit allem, was wir brauchen versorgt und nimmt sich noch viel Zeit für uns. Wir haben gefühlte Stunden eine Offline-Karte mit unserer Route runtergeladen, sind gemeinsam die Strecke durchgegangen – und jetzt geht es los.

Bis nach der Kampala-Road in der Innenstadt ist es erwartungsgemäß ruhiger Sonntagsverkehr. In den Außenbezirken – Kampala hat sicherlich mehr als 2 Millionen Einwohner – wird es wuselig und geschäftig. Überall sind Märkte links und rechts der Straße, Boda-Bodas fahren schwer beladen mit Ananas, Bananenstauden, Kisten, meterlangen Brettern links, rechts, vor- und hinter uns. Beate, sie macht den Anfang, fährt so selbstsicher als täte sie das jeden Tag.

Die Offline-Karte mit deutscher Frauenstimme ist einfach der Hit. Sie gibt Sicherheit. Langsam beruhigt sich aber auch der Verkehr. Wir sind raus aus der Stadt. Landwirtschaft – Bananen und Gemüseanbau – sowie Feuchtgebiete prägen die nächsten Kilometer. Später wird die Landschaft trockener. Riesige Kandelaber-Euphorbien (sehr giftig) und Pinienwälder prägen das Bild. Und natürlich die rote Erde, für mich DAS Bild für Afrika.

Die Straße – der Highway Kampala Gulu  – ist bestens, und früher als gedacht erreichen wir den Abzweig zum Ziwa Rhino Sanctuary, der Rhino-Aufzuchtstation.  Wir werden, wie auch schon in Südafrika, von einer kleinen Antilope begrüßt.  Mitten im Schutzgebiet liegt die Amuka-Lodge, unser Tagesziel. Auf der Terrasse unseres Cottages merken wir plötzlich die Ruhe. Wir sind raus aus der Stadt, mitten im Busch, der seine eigenen Geräusche hat.

Das Abenteuer hat begonnen.

Es ist älteren Frauen nicht verboten, auf Bäume zu klettern.

Rhinos

Am Tag unserer Ankunft im Schutzgebiet gehen wir auf einen Spaziergang zu den Rhinos. Natürlich mit Guide und erst nach vorheriger Aufklärung über das notwendige Verhalten auf der Wanderung. So sollen wir, wenn ein Tier auf uns zukommt, langsam hinter einem Busch verschwinden oder, der Guide lächelt etwas verschmitzt, falls wir es können, auf einen Baum klettern.

„Es ist älteren Frauen nicht verboten, auf Bäume zu klettern“, meint Beate; so wenig wie es ihnen verboten ist, allein durch Uganda zu reisen.

Wieder zu den Rhinos. Vor Idi Amin gab es beide Nashornarten in Uganda. Der Terror des Despoten und seines Nachfolgers Obote, der Bürgerkrieg und die Verwüstungen haben dazu geführt, dass beide Arten 1983 offiziell als ausgerottet erklärt wurden. 1997 hat sich die private Rhino Fund Uganda gegründet, fand geeignetes Land von 70 Quadratkilometern und 2004 war das Gelände Dank vieler Spendengelder eingezäunt. 2005 kamen die ersten Nashörner aus Kenia und aus den USA, 2009 wurde das erste Baby geboren. Es wurde Obama genannt, weil Mutter und Vater aus Kenia bzw. aus Amerika stammen.

Mittlerweile gibt es 40 Tiere in der Schutzzone, 5 sind trächtig, dieses Jahr werden noch 3 geboren.

Wenn die Population auf 50 angewachsen ist, plant man, ein neues Schutzgebiet in einem der ugandischen Parks errichten.

Wir spazieren durch den Busch und unser Guide führt uns zu verschiedenen Punkten, an denen bereits mehrere Ranger stehen und auf die Rhinos warten. Da kommen sie. Eine Mutter mit dem 5 Monate alten „Baby“ und dem eineinhalbjährigen Bruder. Bei einer 16monatigen Trächtigkeit der Mutter eine Ausnahme. Wir sehen auch eine weitere Familie mit einer „Madame, wich is a friend of the family“.  Der Guide kennt sie alle: They are my babys“.

Es ist faszinierend, diese Urtiere zu beobachten. Wenn die Hitze groß  ist, schlafen sie. Sobald es kühler wird fressen sie ohne Unterlass – dabei bewegen sie sich stetig – im Zeitlupentempo. Ihre groblederne Haut ist wie ein zu großer Mantel, der über einem kolossalen Körper geworfen ist:  Sie schlägt Falten.

Mir kommen Erinnerungen an das Rhino-Tracking mit Hubert am Waterberg  oder an die Begegnung mit eine Rhinomutter und ihren Kindern in Südafrika – , als die „Madame“ ihre Blase direkt vor unserem Auto minutenlang entleerte.

Von der heutigen Begegnung wird mir auch ein Bild in Erinnerung bleiben: Alle  Nashorngruppen treffen sich auf einer Lichtung bei einem großen African Fun-Palm-Tree. Die Sonne steht nicht mehr hoch und taucht die grasende Gruppe in warmes Licht.  Friedliches Zusammenleben unter Tieren.

Falls

Die Falls. Mit Regenbogen.
Die Falls. Mit Regenbogen.

Es geht! Auch ich kann mit diesem gewaltigen Gefährt fahren – links, mit Gangschaltung und mit Blick in die beiden Seitenspiegel! Was hatte ich für eine Panik!

Wir sind unterwegs zum Murchison Falls Park und dem weißen Nil. Bis Masindi fast ohne Verkehr auf einer ganz neu gebauten Teerstrasse.

Masindi war in früheren Zeiten ein bedeutender Handelsknotenpunkt. Die Straßen aus dem Kongo und die aus dem Sudan trafen sich hier. Heute ist Masindi nur noch ein kleines Provinzstädtchen. Aber das älteste Hotel Ugandas aus den 20er Jahren steht hier noch. Nach Hemingway, Humphrey Bogart und Katherine Hepburn – letztere logierten hier 1951 während der Dreharbeiten zu „ African Queen“ – kommen jetzt auch wir, um im lauschigen Garten einen Kaffee zu trinken.

Dann geht es auf die Piste Richtung Park. Fast die ganze Strecke ist eine Baustelle, weil die Piste als Teerstrasse ausgebaut wird. Ich werde die Vermutung nicht los, dass das auch mit der geplanten Pipeline zu tun hat, die die Ölvorkommen aus und am nahen Albertsee transportieren soll.

Die Fahrt führt durch den südlichen Teil des Parks, der sehr bewaldet ist. Tiere sehen wir unterwegs kaum, da die Baustellen sie wohl vertrieben haben. 25 Kilometer vor Paraa, dort wo die Fähre über den weißen Nil geht, der den Park teilt, biegen wir ab. Wir wollen zum Top der Murchison Falls, um zu rasten.

Es ist das beeindruckendste Picknick meines Lebens: Vor uns bäumt sich das Wasser des weißen Nils mit einer unglaublichen Gewalt zu einer Welle auf, um dann in den Abgrund zu stürzen. Es tobt und gischtet, schickt aus der Tiefe Sprühregen und Wasserfontänen, während wir Ananas und Hähnchensandwiches essend das Naturschauspiel genießen.

Ein Ort mit unglaublicher Energie.

Wir begegnen lediglich zwei Wanderern, die von unten hoch gekommen sind.

Natürlich sind die Vic-Falls breiter und grösser, aber sie sind auch bevölkert mit Touristen, die im Entenmarsch hintereinander gehen, und die Hubschraubern, die im Minutentakt über die Fälle fliegen machen einen unglaublichen Lärm machen.

Hier ist es still – bis auf das Getöse des Wasserfälle.

Fix sind wir dann in der Murchison River Lodge am Ufer des weißen Nils.

Wann stirbt der Murchison Falls Park?

Im Park.
Im Park.

Der Murchison Falls Park ist durch den Weißen Nil zweigeteilt. Das südliche Gebiet, durch das wir von Masindi aus gekommen sind, ist Trockenwald, das nördliche Savanne.  Auch hier hatte der Terror von Idi Amin und Obote die Tierpopulation stark dezimiert. 14.500 Elefanten lebten 1969 im Park, 1990 gab es noch 250, heute ist die Population wieder auf 1.400 gestiegen.  Die Hauptattraktion des Parks sind die Falls, die wir gestern von oben gesehen haben. Krokodile, Herden von Büffeln, ungezählte Antilopen, seltene Vogelarten, Giraffen und, und, und… leben im Park und an den Ufern des Nils.

Aber: Der Zustand des Parks wird sich dramatisch verändern. Was ich bereits bei der Anfahrt vermutet hatte, dass nämlich die Straße von Masindi aus durch das Schutzgebiet nicht nur für die Besucher*innen des Parks verbreitert und geteert wird, bestätigt sich schnell. Es wird die Zufahrtsstrasse für die Lastwagen zum Bau und Betrieb der Pipeline, die Öl vom Albertsee transportieren soll bis nach Tanga in Tansania. Vorne mit dabei ist der Ölkonzern Total. Ölraffinerien und ein Flughafen sollen gebaut werden.

Alles für die Pipeline: Brückenbau bei Paraa über den Weißen Nil.

 

Im Moment wird bereits in Paraa eine Brücke errichtet, Rodungsschneisen dafür klaffen wie Wunden in der Landschaft gleich neben der alten Fährverbindung, deren Tage wohl gezählt sind. Was das alles für die Menschen hier, die Vielfalt der Tiere und die Natur bedeutet, was dies auch für das Klima heißt, lässt sich eindrücklich  auf der Hmepage „fluchtgrund“ nachlesen.

Auf dem Weißen Nil

https://youtu.be/V0eqINn0e4U

Wieder sind wir auf den Spuren von „African Queen“ unterwegs: Bootsfahrt auf dem Weißen Nil. Mit uns auf dem nicht allzu großen Schiff sind 7 ugandische Jugendliche, die ihren Spaß haben. Sie gruseln sich vor den Krokodilen und machen doch am Schiffsbug wagemutig Selfies. Wie überall auf der Welt.

Am Nachmittag wird das Licht fantastisch, die Sonne sticht nicht mehr gar so sehr – und die Tiere kommen ans Wasser. 2 junge Elefanten spielen, eine großer Bulle steht ehrfurchtheischend am Ufer, eine ganze Familie mit Babies macht Toilette.

Ein kleines Krokodil sonnt sich auf einem Stein, ein anderes – wahrlich ein Ungeheuer – mindestens 80 Jahre alt, wie der Skipper uns versichert – liegt reglos im Gras. Einzig und allein die Augenlider klappen manchmal kurz auf. Jedem ist klar, dass es seine Umgebung genauestens beobachtet. Auch wenn Tieren kein ethisches oder unethische Verhalten zugeschrieben werden kann, wenn ich in die Augen des Krokodils schaue, assoziiere ich unwillkürlich: bösartig lauernd.

Wer es sich nicht vorstellen kann, soll entweder an Frau Marzahn denken („Jim Knopf und die Lokomotive“) oder an jene Szene aus „Herr der Ringe“, in der die Zwerge und die Gefährten den Drachen versehentlich wecken.

Zahllose Kingfisher, Störche, Kraniche, persilweisse Seidenreiher, African Fish-Eagle bevölkern Himmel und Schilf.

Ein Storch zwischen den Wasserhyazinthen, die sich überall am Weißen Nil wie eine Plage ausbreiten.

Und natürlich die Nilpferde, die sich träge im Wasser neben- und übereinander räkeln, ab und zu das Maul aufreißen. Es sind ungezählte und sie sind überall.

Kurz vor dem Wasserfall verlässt uns die Gruppe, um auf den Berg zu steigen. Der Bootskäpt‘n steuert uns beide in die Mitte des Flusses. Es ist eine stille und friedliche Abendstimmung – bei einem Bier und einer Zigarette, die der Chef den beiden Ladies genehmigt.

Auf dem weißen Nil

Biblisch

Wir haben uns dazu entschieden, dass weniger mehr ist. Die meisten Touristen machen frühmorgens einen Game-Drive im nördlichen Areal, um nach einer kurzen Verschnaufspause in der Mittagshitze gleich eine Bootstour zu den Wasserfällen anzuschließen. Am nächsten Tag morgens steht dann noch das Nildelta, auch per Boot, auf dem Programm.

Wir verzichten auf das Delta per Boot und genießen so auch unsere wunderschöne Lodge am Ufer des Nils.

Frühmorgens am zweiten Tag fahren wir mit dem Auto zur Fähre, um möglichst mit den ersten Autos überzusetzen. Drüben sind Übersichtskarten für den Park ausverkauft. Wir sollen doch einen Guide nehmen. Wollen wir aber nicht, vor allem, weil wir uns gut hinter den großen Safari-Jeeps mit  deutschen Gruppen orientieren können.

Überhaupt sind heute fast nur Deutsche unterwegs. Uganda wird gerade als Reiseland entdeckt. Allerdings verstehen die meisten nicht so recht, dass wir ganz allein sind. Und als ich mal kurz auf einer Sandstrecke stecken bleibe – natürlich den Motor abwürge – es im dritten oder vierten (?) Anlauf dann aber mit dem Allrad schaffe, werden wir genauestens beobachtet. „Wir sind keine Affen!“ ruft Beate im Auto.

Morgens ist die Savanne ein Traum. Es ist noch angenehm kühl, das Licht ist wunderbar, die Konturen scharf – und die Tiere sind unterwegs.

Nein, wir sichten weder Löwen noch Leoparden, aber Herden von Büffeln, die einmal minutenlang unseren Weg kreuzen, ungezählte Elanantilopen und Buschböcke, Rothschildgiraffen – viel dunkler als diejenigen, die wir kennen – und Warzenschweine.

Am Delta finden Sie sich alle ein. Es mutet biblisch an.

Der Weg zurück wird etwas holprig. Wir nehmen ungewollt einen schmalen Weg, der sich 34 Kilometer bis zur Fähre zieht. Bei max. 20 km/h  dauert das! Die Zeit wird gefühlt noch länger, weil wir ohne Karte nicht sicher sind, ob wir richtig sind.

Aber wir schaffen es und können abends ein letztes Mal am Ufer des Weißen Nils essen.

…und sie pflanzten ein Mahagoni-Bäumchen

... und sie pflanzten ein Mahagoni-Bäumchen

Wir sind nach einer Fahrt von da. 5 Stunden im Bugoma-Forest, einem Regenwaldgebiet zwischen Hoima und Fort Portal, das in keinem deutschsprachigen Reiseführer Erwähnung findet. Eigentlich sollte es nur ein Zwischenstopp sein, weil uns die Fahrt von den Murchison Falls zum Kibale Forst und den Schimpansen zu weit und zu anstrengend war.

Die Übernachtung in der Jungle-Lodge wurde weit mehr als eine kurze Rast. Die mitten Wald und doch nahe der Piste gelegene Unterkunft mit im Wald versteckten Safarizelten auf Stelzen ist Teil eines Projekts. „The Association for the conserveration of Bugoma Forest“ versucht mit Umweltbildung in der Region, einer Baumschule zur Aufforstung des Regenwaldes, Patrouillengängen zum Schutz der dort lebenden Schimpansen und der Entwicklung von Eco-Tourismus den kostbaren Regenwald zu bewahren. Eine Projektkonzept also, in dem verschiedene Aktivitäten aufeinander abgestimmt sind. Mein altes Projektherz schlägt bei dieser Herangehensweise Purzelbäume vor Freude: Das passt!

Die jungen Menschen, die auf der Lodge arbeiten, stehen für Ihre Sache ein. Sie organisieren auch Protestveranstaltungen gegen illegales Abholzen, Korruption und Wilderei.

Und sie verstehen etwas von Gastfreundschaft, denn sie lesen uns jeden Wunsch von den Lippen ab.

Abends sind wir allein bei einem Candlelight-Dinner auf der Terrasse, das Essen (5 Gänge) ist vorzüglich, das Frühstück am nächsten Morgen das beste bisher.

Am Nachmittag unternehmen wir einen kleinen Spaziergang durch den Wald. Ein kundiger junger Ugander führt uns ein in die Fauna und Flora des Regenwaldes, zeigt uns die Stellen, an denen Bäume illegal gefällt wurden („Mafia“) und führt uns auch voller Stolz in das „nursery bed“ mit ungezählten kleinen Sprösslingen.

Ich denke an den Arzt aus Camus‘ Pest. Es ist eigentlich eine Sisyphos-Aufgabe. Aber die jungen Menschen hier tun es trotzdem.

Unser Guide bietet uns an, einen Baumsprössling zu pflanzen. Und das tun wir. Am nächsten Tag hat er ein Pflanzloch gegenüber unserem Zelt vorbereitet. Der Mahagoni-Baum soll an uns erinnern. Und wir sollen das Projekt auf Facebook teilen. Vernetzung und Marketing für einen guten Zweck. Ich bin begeistert. In 200 Jahren kommen wir wieder…..

Fahren in Uganda

 

Ein Huhn kostet 25.000, eine Ziege 150.000 Uganda-Shilling, was ein Rind kostet, wenn man es überfährt, haben wir erst gar nicht gefragt, auch wissen wir nicht, was man für den Unfalltot von Katzen und Hunden zahlen muss. Aber alle diese Tieren haben wir bisher glücklich umfahren.
Das Fahren in Uganda ist ein Abenteuer für sich. Vom Murchison Park aus mussten wir erst einmal über enge und ausgefahrenen Sandwege, an kleinen Gehöften und Ackern vorbei. In Deutschland nennt man das Feldweg. Schwierigkeit: zum einen die Löcher, zum anderen die Orientierung trotz Karte und Reisebeschreibung. Die Offline-Karte half hier nicht. Bestimmt viermal haben wir uns fragend vergewissert, ob wir richtig sind. Die Road Richtung Hoima, auf die man irgendwann trifft, ist dann sehr breit ausgebaut, allerdings zum größten Teil noch im Bau. Was heißt, dass auf ein paar Kilometer gerast wird, dann plötzlich – rumpel-rumpel – die Piste beginnt, oder man über das Unterbett der künftigen Strecke fährt oder man auf eine abenteuerliche Brückenkonstruktion als Baustellenumfahrung geleitet wird. Das Ganze nicht auf ebener Strecke, sondern in schönem Auf- und Ab der ugandischen Berglandschaft.


Der überdimensionierte Straßenausbau lässt mich wieder vermuten, dass hier die Infrastruktur für die Ölindustrie geschaffen wird, denn in Hoima soll wohl die Raffinerie gebaut werden.
Was mich zu einem anderen Aspekt bringt. Entlang der neuen Trasse scheint ein Bauboom ausgebrochen. Viele kleine Häuschen, aber auch schmucke Villen werden gebaut. Wir fantasieren: Der Straßenbau bringt Beschäftigung, aber vielleicht gleichzeitig auch die Spekulation auf Zukünftiges. Irgendwann sehen wir eine chinesische Fahne.
In Hoima trinken wir einen Kaffee im Kolpinghaus – Beate ist Kolpingmitglied und deshalb ist ein Stopp hier Pflicht – und machen uns dann auf die letzten 70 Kilometer zum Bugoma-Forest. Die Strasse Hoima – Fort Portal ist im ersten Drittel fertig. Breit und schnell mit langgezogenen Kurven. Voralpenlandschaft in Afrika und die Alpen sind hier das Ruwenzori-Gebirge.
Irgendjemand wollte jetzt diesen schnellen breiten Highway entschärfen – im Moment läuft eine landesweite Kampagne für mehr Verkehrssicherheit. Also kam er auf die Idee, „Fake-Hindernisse“ aus Sand über die Straße zu „streuen“. Sie ähneln von weitem jenen gefürchteten „sleeping policemen“, die man in vielen afrikanischen Ländern in Ortschaften und vor Schulen findet.
Leider sind die Sandlinien auf unserer Straßenseite abgefahren, weggeweht, also nicht mehr existent. Die auf der Gegenseite aber schon. LKW, die uns entgegenkommen, sehen die vermeintlichen „Hubbel“ auf ihrer Seite und weichen aus, auf die andere Seite – unsere Seite. Und machen auch keine Anstalten auszuweichen. Es hilft nur, so weit wie möglich links anzufahren und anzuhalten, in der Hoffnung, dass man nicht im Graben landet.
Eine weitere Erfahrung ist das Fahren auf der Piste. Rote Staubwolken der vor uns fahrenden Autos sind wahrlich nicht angenehm. Aber auch wir hinterlassen eine Staubwolke. Plötzlich ist ein Auto neben uns im Überholvorgang. Wir haben es durch den Staub nicht gesehen. Schrecksekunde.
Aber das Fahren durch die herrliche Landschaft macht auch Spaß. Tee- und Bananenplantagen z.B. um Fort Portal, die sich über die Hügel erstrecken soweit das Auge reicht. Fahrradfahrer, die Bananenstauden geladen haben, die in Deutschland mit einem Kleintransporter transportiert werden würden, Frauen in traditioneller bunter Kleidung, die ihre Lasten auf dem Kopf tragen, Kinder, die Wasser holen. Dauernd gibt es irgendetwas zu entdecken.

 

Teeplantagen soweit das Auge reicht in der Gegend um Fort Portal

 

Sonntags in der Bananenplantage

in der BananenplantageSonntag morgen auf einer „Straße“ durch Bananenplantagen. „Straße“ bedeutet nach deutscher Norm, Wirtschaftsweg, der wegen zu vieler Schäden nicht mehr befahren werden kann. Wir balancieren unser Auto auf den schmalen Graten zwischen Gräben und an Fußgängern, Boda-Boda-Fahrern und Radfahrern hindurch. Kinder fahren auf selbstgemachten Holzrädern – Jörg hätte seine Freude daran – , Jugendliche stehen in Grüppchen zusammen. Viele sind unterwegs zum Gottesdienst, im Sonntagsstaat mit Gebetbuch in der Hand.
Die Kinder winken uns zu, die Frauen reagieren sehr zögerlich, die Männer werfen begehrlich Blicke – auf unser Auto.
Es ist eine enge Welt hier, die hohen Bananenstauden links und rechts geben den Blick nicht frei.
Wir machen eine kurze Pause und kommen mit einer jungen Frau ins Gespräch. Ihre Kleidung ist eher ärmlich. Wem denn das große Haus hinter ihr gehöre, und wem die Plantagen? „Mir. Uns gehört die ganze Plantage.“.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass sie sich einmal im Leben wie eine Königin fühlt.

 

Der Herr ist mit uns

 

ein TablettAn der ersten Lodge werden uns zur Begrüßung Erfrischungstücher und Fruchtsaft gereicht. In dreifacher Ausführung. Auf unsere Frage, ob noch ein Gast erwartet wird, bekommen wir keine verständliche Antwort. Bei der zweiten Lodge wiederholt sich die Szene. „ Der HERR ist immer bei uns“, findet Beate eine Erklärung. Bei der dritten Lodge frage ich eindringlich, weil mich Beates Lösung nicht befriedigt. „Wir dachten, sie kommen mit Fahrer!“ Es ist selten, dass zwei Frauen allein unterwegs sind, auch in den Augen der Ungandesen.

Mittlerweile werden wir aber akzeptiert. Die deutschen Touristen sprechen jetzt sogar mit uns und schauen uns nicht mehr an wie Aliens. Deren einheimische Fahrer sind überaus nett zu den beiden „girls“ und tauschen sich mit uns über die kommenden Routen und Fahrzeiten aus.

Chimpansenleben

In den ersten paar Minuten war ich etwas enttäuscht: die Chimps sassen ganz oben auf einem hohen Fikus und waren nur schwer zu erkennen. Ein Alter beobachtete uns, eine Chimpansenmutter auf einem Ast schlenkerte ihr Baby mit ihren langen  Armen wie eine Schleuder durch die Luft.

Wir sind auf Chimpansen-Suche im Kibale-Forest, in dem sich die weltweit größte Dichte von Affen  befindet. 2  Familien leben in dem Areal, Touristen-Attraktion auf dem Weg zum Queen-Elisabeth-Park.

Bis wir beim Fikus-Baum angekommen waren, sind wir mit einer kleineren Touristengruppe etwa eine Viertelstunde auf einem Pfad im Regenwald gegangen. Der Ranger hat in diesem feucht-warmen Klima ein ziemliches Tempo vorgelegt. Nach einem längeren Stopp am „Affenbaum“, bei dem ich auch Bekanntschaft mit riesigen schwarzen Ameisen mache, folgen wir einer Gruppe Chimpansen ins Dickicht. Es geht über Stock und Stein, zwischen Lianen und Schlinggewächsen hindurch. Ich bin froh, dass ich meine Wanderschuhe anhabe, denn das Gelände ist stellenweise sehr schlammig.

Allein diese „Verfolgungsjagd“ ist bereits ein Erlebnis. Dann sehen wir die Gruppe unter und an einem Baum. Eine alte Chimpansen-Dame nagt unentwegt am Stamm, dessen Rinde kaum noch vorhanden ist. Dabei schlingt sie Ihre Arme um den Baum, dreht sich langsam und schaut aber auch immer mal wieder kritisch zu uns: Jetzt sind die schon wieder da!

Eine Mutter mit Baby sitzt in sicherer Entfernung, das Kind ganz nah bei sich. Ein junger Chimpanse toĺlt ständig hin und her, steht uns für ein paar Minuten „Modell“,  frisst, spuckt das nicht Verdaubare aus, klettert hoch, um sich dann zum nächsten Baum zu hangeln und wieder bei der Mutter am Boden zu landen. Kids eben.

Mein „Meister“-Foto

Wir sind so nahe bei den Tieren, dass wir die Gesichter erkennen können. Das des Babys ist rosa und wirkt uralt.

Auf dem Rückweg  sitzt plötzlich „der Präsident“ direkt vor uns auf dem Pfad. Massig und mächtig wie ein kleinerer Gorilla. Erst nachdem er die Gruppe eingehend beobachtet hat, gibt er den Weg frei: Feierabend.

Auch wenn diese Chimpansenfamilien an Menschen gewöhnt sind, auch wenn die Ranger im Vorfeld vielleicht etwas übertreiben, wenn sie betonen, dass es nicht sicher sei, ob wir Chimps zu sehen bekämen – es war ein eindrückliches Erlebnis, dies Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen.

 

Kunst am Wegesrand

 

Die Strecke bis Kasese auf dem Weg zum Queen-Elisabeth-Park ist staubig und voller Schlaglöcher. Kurz vor Kasese zweigt ein Weg ab zur „Rwenzori Art Centre Sculpture Gallery“. Eben noch auf der lauten Straße, sind wir plötzlich in einer anderen Welt. Eine Parkanlage schmiegt sich bis hinauf zu den Ausläufern des Rwenzori-Gebirges. Überall stehen moderne Skulpturen. Alles gehört einer Stiftung, die Mitte der 2000er Jahre gegründet werden. Ugandische Künstler, aber auch Bildhauer aus aller Welt können hier arbeiten und lernen. Besonders beeindruckend sind die modernen Bronzen von Totems ugandischer Clans.
Schade, dass die Bronzen zu schwer als Reisegepäck sind, aber auch zu teuer für unseren Geldbeutel.
Wie heißt es so schön: Wir bewahren die Skulpturen in unseren Herzen….

Eine Elefantenherde sagt „Hallo“

 

Auf meinen Reisen durch Afrika bin ich schon von Giraffen begrüßt worden am Eingang einer Lodge oder von Impalas, aber noch nie von einer Herde Elefanten. Wir sind im Queen-Elisabeth-Park in der Bush-Lodge angekommen, deren Zelte am Ufer des natürlichen Kanals stehen, der den Park in zwei Hälften teilt. Von unserer Terrasse aus sehen wir direkt vor uns auf dem Weg eine Affen-Familie spielen, unten am und im Wasser, aber auch am gegenüberliegenden bewaldeten Hang sind die Elefanten. Es sind mindestens hundert. Wir können Ihnen den ganzen Nachmittag zuschauen, wie die Mütter die Kleinsten „erziehen“, sie schimpfen, wenn sie davonrennen wollen, ihnen liebevoll beim Baden helfen. Wie die Jungen miteinander raufen, die Alten sich nach dem Bad mit Sand bewerfen, ganze Äste brechen und fressen.
Es ist unwirklich schön.
Später kommen zwei „Looser Buffalos“ ans Wasser, von deren tragischem Schicksal wir am nächsten Tag hören werden.
Wir können uns kaum losreißen von dem Schauspiel vor uns.
Aber: Es wartet eine Dusche unter freiem Himmel. Sie ist an den hinteren Teil des Zeltes angebaut. Welch ein Genuss! Allein ist man dabei allerdings nicht: Die Affen beäugen uns von der Mauer aus sehr interessiert.
Komplett macht den Tag dann ein Essen unter Sternenhimmel am Äquator.

„The Looser has to fall“

Dies ist die bittere und tragische Geschichte der „Looser“ unter den Kaffernbüffeln.
Sehr beeindruckend sind die Büffelherden in den ugandischen Parks. Immer wieder aber sieht man einzelne Tiere, manchmal in Dreiergruppen.
Es sind die „Looser“, männliche Tiere, die aus der Herde ausgeschlossen worden sind. In den Rivalitätskämpfen innerhalb der Herde sind sie ständig unterlegen. Und dann kommt der Tag, an dem sie gehen müssen. Ausgestoßen! Allein fristen sie jetzt in der Savanne ihr betrübliches Tierleben. Kein weibliches Tier darf mehr zu Ihnen – Kontaktverbot. Während ganz alte Elefanten freiwillig der Familie den Rücken kehren, werden die schwachen Büffel, auch wenn sie noch jünger sind, verstoßen.
Das unfreiwillige Zölibat, die Trennung von Familie und Gemeinschaft, macht sie trübsinnig, aber auch aggressiv. Was haben sie schon zu verlieren!
Ich plädiere für Konterrevolution unter den Schwachen: Looser aller Büffel im Queen-Elisabeth-Park vereinigt Euch. Eine Faust ist stärker als 5 Finger! Und wenn dann noch ein Büffelweib den Mumm hat, den Herdenzwang zu durchbrechen, kann etwas Neues entstehen.
Bis dahin gilt: „ The winner takes it all, the looser has to fall“.
P.S.: Dieser Blog wurde unter Alkoholeinfluss geschrieben.

TiA

Mit den Medien stehe ich bei dieser Reise auf Kriegsfuß.
Erst habe ich von zuhause das falsche Kabel mitgenommen, um Kamera und Tablet miteinander zu verbinden – und in Kampala auch nicht das richtige gefunden. So muss halt für den Blog das Handy her.
Am nächsten Tag war der Akku meiner Kamera leer, ließ sich aber mit ugandischem Strom nicht mehr aufladen. Erst die Power-Bank, die mir meine Kinder zu Weihnachten geschenkt hatten, half eine Tragödie zu vermeiden. Gott weiß, warum.
Dann bin ich nicht auf die Admin-Seite meines Blogs gekommen. Nichts ging. In Uganda „gibt es meine Seite nicht, oder sie wurde verschoben.“ Auch eine Sicherheitsapp (11 Dollar) brachte nichts.
In der Not hat Oli in Deutschland geholfen, dem ich die Texte zum Einstellen gemailt habe. Oli, du warst der Retter in meiner Verzweiflung!
Dann – o Wunder!– morgens in der Bush-Lodge war das Netz vorzüglich, der Blog war da, allerdings ging Java-Skript nicht. Neuen Plug In installieren. Es klappte.
Dieses Pozedere wiederum hat den Akku meines Tablets strapaziert. Ich muss ihn aufladen.
Als wir nachmittags von der Bootsfahrt zurückkommen, gibt es kein Netz. Erst morgen früh wieder.
Gut, laden wir stattdessen im Zelt unsere ganzen Gerätschaften auf: 2 Handys und die Powerbank. Die Steckdose, in den wir den Adapter stecken wackelt. Wir stützen sie durch einen Wanderstock.
Irgendwann fällt der Strom aus.
TIA – this is Africa

Die wunderbaren Parks Ugandas

Die großen Parks in Uganda sind, was die Eintrittsgebühren betrifft, nicht billig. Aber der Murchison Park und auch der Queen-Elisabeth-Park haben den Vorteil, dass Sie am Wasser liegen. Besucher*innen können die Landschaft und vor allem die Tiere sowohl als Game-Drive als auch bei einer Bootsfahrt erkunden. Das gibt es so eigentlich nur noch am Caprivi-Strip in Namibia und in Botswana im Chobe-Park oder im Okavango-Delta.
Im Elisabeth-Park sind wir sehr früh morgens im nördlichen Teil in unserem Auto und einem Guide unterwegs. Allein die Fahrt durch die Savanne ist es wert, so früh morgens aufzustehen: Das Gelb der trockenen Gräser, das Grün der Kandelaber-Euphorbien und der blaue Himmel, die Weite der Landschaft!

Wir finden zwar keine Löwen, freuen uns aber auch an jedem anderen Tier, den Cobs, den Büffeln, Warzenschweinen, bunten Vögeln – und einem rennenden Nilpferd.


Mittags sind wir mi dem Boot auf dem Kazinga-Kanal unterwegs, der den Lake George mit dem Edward-See verbindet. Die Zahl der Elefanten ist unglaublich. Übertroffen nur von der Menge der Nilpferde, die überall zu sein scheinen. Fischer sind unterwegs, ansonsten: Stille.
Zum Edward-See fahren wir morgen, weiter entlang der Grenze zum Kongo bis zum Ishaha-sektor des Elisabeth-Parks.

African Fisheagle

Wer hat die meisten Fische?

Wir fahren südlich Richtung Ishasha-Sektor des Queen-Elisabeth-Parks, am Edward-See vorbei entlang der Grenze zum Kongo, oder geologisch ausgedrückt, am Grabenbruch entlang. Auf den wenigen Streckenabschnitten, die geteert sind, gibt es immer mal wieder Polizeikontrollen. Sie kontrollieren alle Ugander. Uns Muzungus nicht. Gefahndet wird nach Schmuggelware. Beliebt sind Kosmetikartikel und Kleider, die im Kongo billiger sind. Sagt man uns.
Das Verhältnis der Fischer aus Uganda zu den Kollegen scheint auch nicht das beste zu sein. Obwohl Zweidrittel des Edwards-Sees zum Kongo gehöre, fischten sie ständig auf ugandischer Seite. Weil die meisten und die größten Fische sich nun mal lieber auf ugandischer Seite aufhielten.

Warum in Uganda kein Wild gegessen wird


Volker hat mir vor der Reise nach Uganda gesagt, ich solle mich auf gute Wildsteaks, etwa vom Kudu freuen. Abgesehen davon, dass es in Uganda keine Kudus gibt, wird dort überhaupt kein Wildfleisch gegessen.
Das liegt an den Totems:
Uganda ist in Königreiche aufgeteilt, die wiederum aus Clans bestehen. Jeder Clan hat ein Tier als Totem, das auf keinen Fall gejagt oder gegessen werden darf. Die Totems haben bis in heutige Zeit auch die Funktion, Heiraten zwischen zu engen Verwandten zu vermeiden. Ausserdem verhindern sie aktuell die Wilderei in den Parks.
Eine schöne Geschichte dazu findet sich in dem Roman „Muzungu“ von Christoph Nix (Seite 129). Eine der Romanfiguren erzählt die Sage von dem jungen Buganda, der vor 50.000 Jahren auf der Suche danach war, das Feuer zu bändigen (Achtung: griechische Mythologie mit gutem Ende!)
Die prosaische Kurzfassung: Er wollte den Feuergott überlisten oder im offenen Kampf besiegen. Als er durch den Dschungel lief, begann es fürchterlich zu regnen. Die Flüsse schwollen an, und die Tiere mussten flüchten, fanden aber kaum einen Weg aus dem Wasser. Der Bugander entdeckte auf einer Insel ein Antilopenkitz. Er rettete es. Das Wasser verneigte ich vor ihm und ging zurück
Als der Junge irgendwann vor Erschöpfung einschlief, erschien ihm im Traum eine wunderschöne Frau. Sie war die Schwester des Wassergottes, der aus einer dummen Laune heraus zu viel Wasser vom Himmel hatte fallen lassen. Das Kitz war ihr Kind. Sie gab ihm aus Dankbarkeit für die Rettung des Kindes 3 Feuersteine, mit denen er und alle Bungander zukünftig Feuer machen konnten, wo und wann sie wollten. Eins aber sollten die Bugander nie tun. Antilopenfleisch essen.
Natürlich sind die Naturreligionen in den Städten verdrängt, aber auf dem Land sind sie wohl noch lebendig.
Die neuen Religionen wie das Christentum – hauptsächlich die anglikanische Kirche, aber auch die katholische (beide etwa 80 Prozent), sehr viele amerikanische Freikirchen – und der Islam leben, so sagt man uns, friedlich nebeneinander und die Menschen unterschiedlichen Glaubens heiraten auch untereinander.

All inclusive


Vom Kazinga-Kanal am Nördlichen Ende des Queen-Elisabeth-Parks sind wir eine „bumpy road“ in den Süden zum Ishasha-Sektor des Parks gefahren. 70 Kilometer in über 3 Stunden. Die Strecke zum Edward-See und dann entlang der Grenze zum Kongo ist dennoch fantastisch: Savanne wechselt sich mit Sumpfgebieten und Wäldern ab. Wir begegnen Schwarzstörchen, Affen, Buschböcken, Eulen und dem afrikanischen Fischadler.
Mit einer Geschwindigkeit zwischen 20 und 30 Stundenkilometern können wir auch gut aus dem Auto fotografieren , wenn es mal gerade nicht rumpelt.
Trotzdem machen wir immer wieder Pausen, um einfach zu schauen.

Unser Ziel ist das Ishasha Wilderness Camp, wunderbar an einem Fluss gelegen, mit absolut luxuriösen Zelten. Aber es ist nicht eines dieser überkandidelten Camps, sondern alle sind sehr locker, hilfsbereit und haben viel Humor. Wir genießen einfach nur den Tag im Camp und lassen uns verwöhnen, trinken Uganda-Gin (aus Bananen) und Wein – all inclusive!
Wie privilegiert wir sind.

Bushshower for future

So sparsam kann man duschen: ein kleiner Kanister mit warmem Wasser, kurz nass machen, einseifen und dann ganz gemütlich abduschen. Das erste Mal hatte ich die „African shower“ in Namibia gesehen, in der Ishasha Lodge ist sie mir wieder begegnet.

A Pencil, please

Das war noch eine der leichteren Übungen. Da hatten wir sogar Zeit, um zu fotografieren.

Wieder eine 75-Kilometer-Strecke Richtung Bwindi-Forest zu den Gorillas. Es ist unglaublich, wie abwechslungsreich die Landschaft ist. Heute fahren wir wieder „bumpy road“, aber die höchste – d.i. schlechteste – Kategorie, durch Tee- und Bananenplantagen in den Regenwald.
Gestern hatte es zum ersten Mal während des Urlaubs geregnet, und die Straßenlöcher sind mit Wasser gefüllt. Aber mittlerweile ist auch das kein Problem mehr.
Hoffentlich kann ich in Mainz noch auf Asphalt fahren. Und vielleicht melden Beate und ich uns ja für „Paris -Dakar“ an.
Wir halten bei einer Teeplantage, um Pflücker*innen in weiter Entfernung zu fotografieren. Ich sehe, während ich zoome, dass einer der Pflücker uns mit seinem Handy fotografiert. So kommen wir zusammen, und ein schönes Foto entsteht.

 


Kurze Zeit später, in einem kleinen Dorf, ruft ein Mädchen uns etwas zu. Nicht „ Give me money“, auch nicht „Give me sweets“, sondern: „A pencil, pleace“.
Wer kann da widerstehen?

Der Bwindi-Forest

Der Regenwald, mit Sümpfen durchzogen und zum großen Teil auch heute noch undurchdringlich – deshalb Bwindi Impenetrable Forest – ist einer der ältesten Wälder weltweit und deshalb auch Weltkulturerbe. Selbst die letzte Eiszeit hat er überlebt. Man wird sehen, wie er den aktuellen Klimawandel übersteht. Heute leben in dem 330 Quadratkilometer großen Schutzgebiet wieder über 450 Gorillas (neben 9 weiteren Affenarten, Elefanten, ungezählten Schmetterlingen und Reptilien).
Erst 1991 wurde der Wald zum Nationalpark. Die Geschäftsidee war es, mit dem „“Gorilla-Tourismus“ den Park zu finanzieren. Der Plan ist aufgegangen, und heute werden zudem mit 10% der Einnahmen Projekte in der Region gefördert.
Wir übernachten in der Mahogany Springs Lodge, ganz in der Nähe des Parkeingangs in Buhoma, die Bandas sind an einen Hang gebaut, umgeben von einem wunderschönen tropischen Garten, in dem die Gemüse- und Obstgärten integriert sind. Alles, was die Küche braucht, kann hier geerntet werden.
Von unserer Terrasse aus sehen wir einen Berg des Regenwaldes und unterhalb die landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die werden in ganz Uganda immer grösser. Der Regenwald wurde auch hier immer mehr verdrängt. Heute ist über 75% der Fläche Ugandas beweidete Savanne und landwirtschaftlich genutzte Kulturlandschaft.

Gorilla-Tracking: das Vorspiel

Anders als vor einigen Jahren in Ruanda, wo ich mit Hubert zusammen das erste Mal Gorillas im Virunga-Park beobachtet hatte, wird das Tracking in Uganda zelebriert.
In Ruanda sind wir im Morgengrauen zum Treffpunkt gefahren, wurden in Gruppen aufgeteilt und los ging es, zuerst mit dem Auto und dann ein kleines Stück den Berg hinauf zu Fuß.
Hier, am Tracking-Treffpunkt in Buhoma, am Eingang es Bwindi-Nationalparks, werden alle Besucher*innen erst einmal eingestimmt.


1. Akt: Die Frauengruppe eines Projektes in der Nähe tanzt, singt und trommelt mit sichtlicher Begeisterung.
2. Akt: Der Chefranger hält eine Rede. Es ist ein ugandischer Obama, der mit allen rhetorischen Finessen uns Tourist*innen versichert, wie wichtig für den Schutz des Parks und der Gorillas und überhaupt der gesamten Region seien, da ein Teil der Einnahmen auch der Bevölkerung zugute käme. Hätte er mit „Yes, we can“ geendet, hätte es mich nicht gewundert. Er war einfach genial.
3. Akt: Wir werden in Gruppen eingeteilt, die den Gorilla-Familien entsprechen, die habituiert sind. Es gibt Tiergruppen , die einfach zu erreichen sind, solche, zu denen man etwas länger laufen muss, und solche, deren Besuch beschwerlich ist. Wir kommen in die mittlere, müssen aber erst über eine halbe Stunde mit dem Auto fahren. Die Ranger wissen, in welcher Gegend sich die Gorillas am Tag zuvor aufgehalten hatten, haben dort „Späher“ postiert, die den ständig wandernden Tieren folgen und über Handy und Walkie-Talkie Mit uns in Verbindung stehen. „Unsere Gruppe“ ist ziemlich schnell unterwegs gewesen, und wir müssen deshalb nochmal einen Umweg fahren.


4. Akt: Wir kommen mit unserem Auto in einem Dorf an – Beate und ich haben den Guide in unserem Auto mitgenommen. Dort warten schon Jugendliche darauf, unsere Rucksäcke tragen zu können. Wollten wir eigentlich nicht, bis uns klar wurde, dass dies eine Einnahmequelle für das Dorf ist. Also doch! Beate bekommt einen Jungen zugeteilt, ich ein 16jähriges Mädchen, sehr zart und grazil. Es sind noch Ferien, deshalb können beide für Ihre Familien etwas verdienen.
Und dann geht es los.

Gorilla-Tracking: der Weg

Unsere kleine Gruppe läuft mit den Träger*innen durchs Dorf, beäugt von den Dorfbewohner*innen, die wahrscheinlich ein wenig den Kopf über die Muzungus schütteln. Dann geht es steil aufwärts durch Gemüsefelder. In diesem fruchtbaren und regenreichen Land gedeiht so ziemlich alles. Neben exotischen Früchten gibt es auch Kohl, Kartoffeln, Tomaten, Zuchini, Reis, Bananen, Bohnen, Maniok… Die Dorfbewohner haben kleinere Parzellen, in dem sie ihr Gemüse für den täglichen Bedarf anbauen, wie das der Großteil der ländlichen Bevölkerung macht.

Dann sind wir am „Eingang“ zum Wald. Es ist genau so, wie man sich Regenwald vorstellt: feucht-warm, dunkel und grün, links und rechts des schmalen Pfades Lianen, Farne, Epiphyten, die auf anderen Pflanzen wachsen, Moose und Flechten, morsches Holz und kleine Tümpel – eine Vegetation, die einem den Atem rauben könnte. Den braucht man allerdings, um das anstrengende Auf- und Ab des Pfades in ca. 1.600 m Höhe im tropischen Klima zu bewältigen.
Es ist still und doch laut: das uns so fremde Singen der afrikanischen Vögel, das Geraschel links und rechts des Weges, Froschgequake und Grillenzirpen.


Dann sind wir auf ein Lichtung, über und über bewachsen mit Brennessel und einer Lupinenart: das ist der Reich „gedeckte Mittagstisch“ für die Gorillas.
Unser Guide spricht über Walkie-Talkie mit den „Spähern“, die den Gorilla gefolgt sind. Die Spannung steigt. Sie sind ganz in der Nähe.

Gorilla-Tracking: Here comes the king!

 

Und dann kommt er, der Silberrücken. Raumgreifend, pure Kraft, den Kopf erhoben, die Schultern grade, den Rücken durchgedrückt, im Knöchelgang. Er marschiert direkt an uns vorbei, die wir seinen „Weg säumen“, zu sehr von sich überzeugt, als dass er uns seinen Blick gönnen würde, aber wohl wissend, dass wir da sind. Unwillkürlich treten wir alle einen Schritt zurück. Fotografieren ist bei mir gar nicht drin.
Und er nimmt Platz zwischen den Pflanzen und beginnt sein Mahl.
Direkt hinter ihm folgt die Familie: junge und ältere Mütter, Jungtiere, Babys. Sie verteilen sich auf der Wiese, immer mit etwas Abstand zum Silberrücken.
Unser Ranger geht ein Stück auf ihn zu. Dann ein donnernde Brüllen. Das gefällt dem Boss überhaupt nicht. Die Nähe zu den Menschen legt er fest, nicht die anderen.
Unser Ranger beruhigt ihn: Ich bin’s nur – mit einer kleinen Gruppe Muzungus.
Danach ist alles gut.
Die Familie heißt Habinyanja – alle habilitierten Familien haben Namen – und gehört zu denen, die schon lange Zeit an Menschen gewöhnt sind.

Wir sind recht nah an den Tieren. Schauen Ihnen beim Fressen zu, wie die Jungen miteinander spielend raufen, wie das Baby sich an die Mutter kuschelt.
Wir sind so nah, dass wir ihre bernsteinfarbenen schielenden Augen sehen, ihre „Hände“, die den unsrigen so ähnlich sind. Wir erkennen ihre Mimik und ihre in der Tat freundlichen Gesichter. Schimpansen schauen irgendwie grimmiger, was wohl auch an ihrer stark vorstehenden unteren Gesichtspartie liegt.


Dann wechselt die Familie den Platz und wandert ein paar Meter weiter. Wir folgen. Nach einer Stunde haben die Gorillas genug „gepost“. Sie ziehen sich langsam in den Wald zurück. In einer Waldnische säugt die Mutter ihr Babys, zwei junge Gorillas klettern auf einen Baum. Der Silberrücken hat sich unseren Blicken ganz entzogen.
Ende der Vorstellung.

Auf dem Rückweg fängt es zu regnen an. Auch eine Erfahrung, die wir nicht missen möchten.

Ausklang
Wieder zurück am Ausgangspunkt in Buhoma, kommt der letzte Akt: Die Überreichung der Zertifikate, die bestätigen, dass wir das Gorilla-Tracking erfolgreich mitgemacht haben. Und

dann noch ein Schlussfoto vor einer Gorilla-Statue.

Ranger

Eine der wenigen Rangerinnen

Das „Gesicht“ der Uganda Wildliefe Authority (UWA), die die Aufsicht über die Parks in Uganda hat, sind die Ranger. Mit ihnen kann man kundig geführt durch den Park fahren oder wandern, sie führen die Besucher*innen zu Gorillas und Schimpansen oder Baumlöwen.
Auffällig ist, dass Sie über ein sehr großes Wissen verfügen, gut englisch sprechen (besser als ich) und ihrem Beruf mit viel Liebe nachgehen.
Dabei ist ihr Verdienst gering und ihre Ausbildung hart. Von ca. 700 Bewerber*innen dürfen 200 Frauen sein. „Ugandian women are not so strong than german women“, meint der Ranger, der mit uns im Auto unterwegs ist – mit Blick auf uns.
Wir sehen immer mal wieder Frauen als Guides, meistens aber überwachen sie die Parkeingänge.
Alle müssen einen Marathon bewältigen. Die Erfolgreichen absolvieren dann eine 7monatige „militärische Ausbildung“, lernen Englisch, den richtigen Umgang mit Tourist*innen, und durchlaufen anschließend unterschiedliche Stationen in den Parks des Landes.
Ihr Berufsalltag: Sie arbeiten 4 Tage, z.B. um Gruppen zu den Gorillas zu führen, den Rest der Woche werden sie als Guide bei Wanderungen, Vogelbeobachtung oder in der Administration eingesetzt. Natürlich arbeiten sie auch am Wochenende. Ihnen zustehende freie Tage sammeln sie meistens für einen längeren „Heimurlaub“ an, denn oftmals wohnen die Familien weit weg vom Einsatzort.
Das Gros der „Kundschaft“ im Bwindi-Park kommt aus den Vereinigten Staaten. Es folgen gleich darauf die deutschen Tourist*innen. Auf dem Vormarsch sind die Chinesen, über die unser Ranger wenig Schmeichelhaftes erzählt. Sie hielten sich nicht an Regeln, wollten die Gorillas am liebsten berühren und seien überhaupt nicht „gut erzogen“.

TiA 2

 

Wir sind vom Bwindi-Forest unterwegs zum Mburo-Lake im Süden des Landes, gar nicht so weit von der Grenze zur Ruanda entfernt. Um dorthin zu kommen, müssen wir erst einmal gut 40 Kilometer auf derselben buckligen Piste zurück, auf der wir gekommen sind. Die kennen wir ganz gut. Auch wissen wir, dass wir an einer Baustelle vorbeikommen, für die es eine „Umfahrung“ gibt. Dort genau, in der Mulde, liegt ein Lkw. Nichts geht mehr. Mit einem Baggerfahrzeug versuchen ihn die Arbeiter abzuschleppen. Vergeblich. Die Räder drehen durch.
Mittlerweile stauen sich Trucks und Autos. Nur die Boda-Boda-Fahrer haben gut lachen.
Ein Auto versucht es halsbrecherisch über einen Graben, hängt schief mit einem Reifen in der Luft, und kriegt dann doch noch rechtzeitig vorm Umkippen die Kurve.
Mittlerweile haben sich die Jugendlichen des naheliegenden Dorfes eingefunden. Endlich mal was los!
Zugegeben: Ich werde etwas nervös. Wir haben zum Mburo Lake noch mindestens 7 Stunden Fahrt vor uns (etwas über 200 km).
Dann hat der Baggerführer die rettende Idee. Er schaufelt die rote nasse Lehmerde beiseite, vergrößert den Weg, und schleppt den Truck ohne Probleme aus der „Grube“.
Wir können weiter fahren.
Das ganze Procedere hat höchstens eine halbe Stunde gedauert. In Deutschland wäre das Chaos vorprogrammiert gewesen. Hier läuft alles sehr entspannt. That is Africa!

Grüne Perle Afrikas

 

Marktstand an der Strasse

Natürlich sind wir hier in dieser ländlichen Gegend im Südwesten Ugandas 2 Exotinnen: weiße, „sehr alte“ Frauen, die alleine in einem großen „Schlitten“ (very expensive“) unterwegs sind. Wer besitzt schon ein Auto? Und überhaupt: Frauen sitzen hier nicht am Steuer. Höchstens in Kampala.
Entgegen unserer Absicht, sind wir bald dazu übergegangen, nur Männer nach dem Weg zu fragen. Die Frauen kennen ihn einfach nicht.
Aber diese Art des Fahrens möchten wir nicht missen. Wir machen Pausen, wann und wie wir wollen, sind ohne Fahrer gezwungen, die vor uns liegende Strecke genau auf der Landkarte zu erkunden.


Die Landschaft ist so abwechslungsreich: Ananasfelder,  Kaffeeanpflanzungen, Bananen-, und Teeplantagen, die fast bis zu den Gipfeln der Berge reichen. Es wird viel gerodet,  und wir sehen – wie in Südafrika – schnell wachsende Eukalyptusbäume, die den Regenwald verdrängen. Wir kommen durch kleine Straßendörfer, die Häuser meist einfache Flachbauten, manchmal noch traditionelle Hütten in Lehmbauweise. Die Menschen sind arm, aber sie haben hier auf dem Land wohl keinen Hunger. Vor den Türen der Häuser wird Gemüse verkauft, manchmal fahren wir an größeren Märkten vorbei.
Wir fahren über eine Pass-Straße (nicht geteert), die sehr der Strecke nach La Paz ähnelt (die ist geteert!). Gott sei Dank begegnet uns auf den engen Serpentinen nur ab und an ein Truck, meistens sind Boda-Boda- Fahrer unterwegs. Die sind hier schneller als ein Auto.


Ankole-Rinder mit ihren enormen Hörnern werden über die Straße getrieben, ebenso Ziegen. Immer wieder sehen wir auch einzelne Kühe, die am Straßenrand angebunden sind, selbst an ausgebauten „Highways“. Ab und an steht vor einem Haus ein schwarzes Schwein.
Wir sehen die wunderschönen Kronenkraniche, das Wappentier Ugandas, Schwarzstörche in den Sumpfgebieten, die mit Papyrus und Schilf zugewachsen sind.
Wir sind fasziniert von der „Grünen Perle Afrikas“.

 

Bananen und mehr

 

 

 

Was man nicht alles in welcher Menge auf dem Boda-Boda, dem Fahrrad oder auf dem Kopf transportieren kann: schier unglaubliche Mengen Bananen, Ananas oder Holz.
Die Bananenfahrer bringen ihre Ware entweder direkt in die Dörfer oder zu großen Umschlagplätzen, wo Lastwagenfahrer mit dem Grundnahrungsmittel beladen werden.
Überhaupt ist es erstaunlich, was wie transportiert wird, oder was am Pistenrand zum Verkauf angeboten wird: getrockneter und frischer Fisch auf der Strecke nach Kampala in den Wetlands, Säcke mit Holzkohle, die auf dem Land viel billiger ist als in der Stadt, Kartoffel – immer sehr ordentlich hochgestapelt – oder riesige Jackfrüchte.

Per aspera ad astra

Alle Lodges, die uns Jan ausgesucht hatte, waren auf ihre Art besonders. Überall haben wir uns sehr wohl gefühlt.
Die „Mihingo Lodge“ ist die letzte Übernachtung auf unserer Rundreise. Ein Erlebnis für sich.
Per aspera ad astra, könnte man meinen, denn die 13 Kilometer vom Highway zum Mburo Lake bzw. zur Lodge waren nur mit Allrad zu schaffen, nachdem es Stunden vorher ausgiebig geregnet hatte. Wir hatten uns bereits gewundert, dass uns die Offline-Karte eine Restfahrzeit von einer Stunden angegeben hat! Wir haben länger für die Strecke gebraucht, die an der Grenze zum Park entlangführt.

Später haben wir erfahren, dass die Piste das letzte Mal zu den Wahlen 2016 ausgebessert worden war. Die Menschen hoffen jetzt auf 2021. Wahlgeschenk?
Dafür sehen wir das erste Mal auf unserer Reise Zebras, die gemeinsam mit Ankole-Rindern und Elanantilopen weiden. Auch kleine Erdhörnchen huschen vorbei.
Der Lake Mburo-Park ist eigentlich eine Seenlandschaft in der Savanne. Dazwischen türmen sich Gesteinsbrocken zu Felshügeln.


Auf einer dieser Felsen liegt die Mihingo Lodge im Busch. Man hat einen Rundumblick. Von unserer Unterkunft – halb Zelt, halb gemauert mit riesigen Fenstern, aus denen man selbst von der Toilette aus noch in die weite Landschaft schauen kann – blicken wir hinunter auf Wald und den Kacheera See mit schwimmenden Inseln.
Diesen paradiesischen Ort hat 2000 ein junges Paar gefunden. Sie Engländerin, er halb Deutscher, halb Schotte, beide geboren in Kenia. Er war bei der GTZ beschäftigt. Sein Traum: eine Lodge im Busch. Sie waren auf der Suche nach Land und kamen hier her. Weil es spät war haben sie ihr Zelt aufgeschlagen. Das war der Anfang. 4 Jahre wurde gebaut. 2007 war der Traum Wirklichkeit geworden.


Vom Swimmingpool aus sehen wir den Klipspringern zu, bei einer Morgenwanderung beobachten wir Zebras, Antilopen, Vögel, und am Abend sprechen wir über Gott und die Welt mit dem Managerehepaar und den beiden einzigen weiteren Gästen, zwei Vertreterinnen der UN, die in Kampala Workshops zur Ebola-Prävention geben. Sie entspannen hier ein wenig, sind wohl das erste Mal in Uganda – und können auch nicht fassen, dass wir allein unterwegs sind. Aber das hatten wir ja schon.

Am Morgen unserer Abfahrt hat der linke hintere Reifen kaum noch Luft. Wir entscheiden zusammen mit dem Manager der Lodge, nicht aufzupumpen, sondern den Reifen gleich auszutauschen. Der Ersatzreifen ist zum Glück ganz neu, und die Männer der Lodge machen sich gleich an die Arbeit. Wir haben sie davon nicht abgehalten.

 

 

Die letzte Autofahrt

Die letzte Fahrt in „unserem“ Auto, das uns in den vergangenen 14 Tagen so vertraut geworden ist. Und jetzt kommt dann doch der Highway, vor dem ich mich gefürchtet hatte: die Straße von Masaka nach Kampala am Viktoria See entlang. Es ist Sonntag, aber Lkw, Überlandbusse, Tiertransporter und stinkende Minibusse liefern sich auf der Strecke riskante Überholmanöver. Pause am Äquator, den wir jetzt zum zweiten Mal überqueren. Und als wir denken, wir haben es gleich geschafft – noch 13 Kilometer bis zu Esther – ist der Verkehrsstau da. Nichts geht mehr. Wir brauchen 3 Stunden. Die Ursache: Die Schule beginnt wieder, und alle sind unterwegs, um Schulsachen zu kaufen.


Die 2 Flaschen Wein, die wir mit Jan, unserem tollen Reiseplaner, am Abend trinken, haben wir uns verdient. Und ein wenig sentimental sind wir auch, dass wir unser treues „Monsterauto“ jetzt wieder in andere Hände geben müssen.

Nichts geht mehr auf Kampalas Strassen.  Wir sind mittendrin (schwarze Motorhaube).

Rindentuch und andere Souvenirs

Regenhimmel über den Hügeln von Kampala

Ein Tag relaxen tut gut, vor allem, wenn ständig Gewitterregen niederprasseln. Die schwarzen Wolkenberge sind gigantisch. Das Wetter spielt verrückt, denn eigentlich ist Trockenzeit.
Am nächsten Tag steht noch einmal Kampala auf dem Programm. Wir merken erst jetzt – nach 2 Wochen in der Natur, wie laut die Stadt ist. Auf dem Bugoma-Road-Market kaufen wir ein: wunderbare Taschen aus der Rinde des afrikanischen Feigenbaums. Das Baumrindenvlies gilt als das älteste Textil der Menschheit. Königsornate wurden daraus gemacht. Man schält die Rinde des Baums, die sich immer wieder erneuert. Den kahlen Stamm schützt man mit Bananenblättern, die abfallen, wenn die neue Rinde nachgewachsen ist.
Die geschälte Rinde wird gekocht, mit einem Hammer breit geschlagen und zum Trocknen in die Sonne gelegt. Aus dem fertigen dunkelbraunen Tuch werden heutzutage Taschen, Kissen, Hüte für Touristen hergestellt. Die Herstellung steht seit 2008 auf der UNESCO-Liste der Kulturgüter des immateriellen Welterbes.
Wir trinken noch einmal Kaffee auf dem Balkon des 1000-Cups-of-Coffee, kaufen den köstlichen ugandischen Bananen-Gin, den wir unterwegs manches Mal als Sundowner genossen haben, und stürzen uns noch ein letztes Mal ins Gewühl der Händler im älteren Teil der Innenstadt.
Als wir zurückkommen ist der Strom ausgefallen.
Irgendein altes Überbrückungskabel hat den Geist aufgegeben. Es wird langsam dunkel, und wir fürchten um den Inhalt von Esthers Gefriertruhe.
Aber: That is Africa! Der gute Geist des Hauses tätigt 3 oder 4 Telefonanrufe, und ehe wir – mittlerweile bei Kerzenlicht – gegessen haben, ist der Strom wieder da.

„Bananenrepublik“?

„Bananenrepublik“ nennen wir Europäer despektierlich ein meist afrikanisches oder südamerikanisches Land, wenn es durch Misswirtschaft, ständige Putsche, Gewalt und Korruption in den Schlagzeilen ist. Dabei vergessen wir nur allzu gern, dass wir Europäer es waren, die durch die so genannte „Kolonisation“, durch Gewaltherrschaft, Ausbeutung und Versklavung, durch In-Besitz-nehmen, durch willkürliche Grenzziehungen (z.B. bei der Kongo-Konferenz oder dem Helgoland-Sansibar-Vertrag) diejenigen waren, die den Grundstein gelegt hatten für die zukünftigen Entwicklungen. Und damit nicht genug: Auch nach der Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonien haben die Industrieländer die wirtschaftliche Abhängigkeit und Ausbeutung u.a. durch Großkonzerne verstärkt fortgesetzt. Die afrikanischen Ländern wurden zum Spielball der westlichen Mächte, Stellvertreterkriege wurden und werden ausgetragen.
Natürlich ist die Situation viel zu komplex, als dass man sie in einem Satz auf den Punkt bringen könnte. Und die Verwicklungen der regierenden Klasse in manchem afrikanischen Staat, das Klammern an Macht und Vermögen, manchmal die Unterdrückung und Ermordung des eigenen Volkes, die Entführung so vieler Kinder, um sie als „Kindersoldaten“ zu missbrauchen, all das muss ebenso klar benannt werden. „ Ich bin durch Gewalt an die Macht gekommen, ich werde nur durch Gewalt von der Macht vertrieben werden können“ soll Museveni, der ugandische Präsident, einmal gesagt haben. Es ist die alte Warnung von Paolo Freire, dass die „neuen“ Machthaber nicht die gleiche Haltung und das gleiche Verhalten wie ihre ehemaligen Unterdrücker annehmen dürften. Sonst würden aus den Unterdrückten wieder Unterdrücker.


Wir sind in Uganda nicht nur durch Parks gefahren und haben Tiere beobachtet. Wir haben auch ab und an Zeitung gelesen – den „Daily Monitor“, die wichtigste Zeitung mit regierungskritischer Haltung, deren Redakteure immer wieder verhaftet werden. Wir haben auch mit kritisch eingestellten Menschen gesprochen, die das Land trotz der widrigen Verhältnisse lieben, und wir haben einfach nur beobachtet.
Ich kann hier nur ein paar Eindrücke wiedergeben, nach 3 Wochen ist seriös nicht mehr möglich.
„ How can the nation survive, if the tribe does not die?“ (Sandra Machel, Mozambique)
Als der damalige Freiheitskämpfer Museveni mit der NRA (National Resistance Army) an die Macht kam und die Gewaltherrschaft Obotes beendete, wurde er im Süden und Westen des Landes bejubelt. Er bildete eine Regierung über alle ethnischen, politischen und religiösen Machtgrenzen hinweg, betrieb eine Politik der Nationalen Aussöhnung, leitete einen Demokratierungsprozess ein, führte halbwegs Pressefreiheit ein und eine ordentliche Gerichtsbarkeit. Sein Ziel: Er wollte eine Nation formen. Die Wirtschaft des Landes wuchs.
Der Westen goutierte das. Allerdings hatte Uganda bis 2005 eine „ Einparteien“-Demokratie, innerhalb derer sich mehrere „Movements“ zur Wahl stellten.
1993 machte Museveni einen geschickten Schachzug, indem er die alten Königreiche wieder aufleben ließ, und den Sohn von Mutesi II aus dem Exil in London zurückholte. Uganda bestand in vorkolonialer Zeit aus mehreren Königreichen, vielen „tribes“ und Ethnien, die auch gegenseitig Machtkämpfe ausgetragen hatten.( Das kennen wir ja auch aus der deutschen Geschichte).
Die neuen alten Könige haben keine formale politische Macht, aber sie sind identitätsstiftend und knüpfen an an die Zeit vor dem Kolonialismus. Gleichzeitig liegt hier das Problem: Wie kann sich eine Nation entwickeln, wenn die Identifizierung der Menschen über die Tribes erfolgt?
Dazu kommt, dass die jeweiligen Machthaber selbst ihre Herkunft hochhalten: Idi Amin war aus dem Norden, und so flossen Ressourcen dorthin. Unter Museveni brachen kurz nach seiner Machtübernahme im Norden Machtkämpfe aus. Heute ist der Norden – trotz aller anfänglich bestimmt guten Versöhnungsabsichten des Präsidenten, der Bugander ist (Kampala), der ärmste Landstrich.
Mein erster Eindruck ist, dass es eine zentrale Herausforderung ist, die Nation Uganda zu schaffen, im Bewusstein ihrer Wurzeln, in der Verarbeitung der kolonialen Zeit sowie den gewaltsamen Konflikten und Tyranneien unter Obote und Idi Amin.
Wenn die Alten Männer nicht von der Macht lassen wollen
Heute ist Musoweni nicht bereit von der Macht zu lassen. Auch die Wahlen 2021 wird er wohl gewinnen, obwohl in Kampala selbst ein großer Teil der Menschen, so berichten kritische Stimmen, gegen eine Wiederwahl ist..
Wahlmanipulationen habe es schon bei der letzten Wahl gegeben. Man habe Menschen aus Ruanda mit falschen Identitäten versorgt und sie in Lastwagen zu den Wahllokalen gefahren.
Der „Daily Monitor“ hat am 4. Februar ein großes Interview mit Derrik Wandera geführt, der derzeit eine „Aliance for Transformation“ gründet und auch die Oppositionsparteien einen will. Auf die Frage, ob es 2021 freie und faire Wahlen geben wird, antwortet er: „ No, we won’t have. I am not one of those people that have such illusions. It cannot happen and we know it“.
Dazu kommt das Thema „Wahlgeschenke“, auf das immer mal wieder die Rede kommt. Die Distrikte, die mehrheitlich Museveni gewählt hätten, bekämen z.B. die besseren Infrastruktur.
Der Star unter den Oppositionellen ist der Musiker Boni Wine, der wg. seiner Haltung bereits im Gefängnis saß. Er wird wohl kandidieren, aber einige zweifeln an seiner politischen Erfahrung.
Evangelikale und die Verfolgung von Schwulen und Lesben
Wenn man durch die Straßen von Kampala geht, trifft man immer wieder auf Prediger, die mal mit, mal ohne Mikro, das „nahe Reich Gottes“ beschwören oder laut aus der Bibel lesen. Die evangelikalen Sekten haben einen enormen Zulauf. Auch die Gattin Musevenis (und Ministerin für Erziehung!!) gehört dazu. Mit ihnen einher geht die Verteufelung der Homosexualität. Schwule und Lesben leben in Uganda gefährlich, a „hidden life“. Während in der Millionenstadt Kampala dieses Versteckspiel noch halbwegs funktioniert, ist es auf dem Land unmöglich. Dort versteht man einfach nicht, dass es eine andere Beziehung als die zwischen Mann und Frau geben kann. Woher auch, wenn der Mann die Frau für eine bestimmte Anzahl Ziegen kauft.
Von der  Armut und der Korruption
Das Gros der Ugander ist arm. Während aber auf dem Land die Erde genügend hergibt, damit die Menschen ihre Nahrung selbst anbauen und ernten können, sieht es in und um die Städte ganz anders aus. Ein Beispiel: Der junge Mann, der im Verkehrschaos in Kampala wie viele andere zwischen den Autos seine Klopapierrollen verkaufen will, hat die Großpackung (10 Rollen) für 10.000 Uganda-Shilling gekauft. Maximal verdient er damit 2.000, etwa 50 Cent. „Das reicht grade mal, um nicht zu verhungern“, sagt unser Fahrer.


Viele verdienen nicht mehr als einen Dollar am Tag, die Polizei wird sehr schlecht bezahlt, und da ist es kein Wunder, dass die Korruption blüht. Dabei sind das nur die kleinen Fische. Im „Daily Monitor“ lese ich z.B. von Menschen, die anderen ganze Grundstücke „weggenommen“ haben.
Auch wenn die Regierung eine Kampagne gegen Korruption gestartet hat – auf unserer Reise haben wir ein einziges Plakat gesehen – scheint der Erfolg auf sich warten zu lassen: „ Der Fisch stinkt vom Kopf her“, sagt uns jemand.
Wohlgemerkt: Es gibt auch viele Ugander, denen es gut geht und die den Fotos auf den großen Werbeplakaten mit den prall gefüllten Einkaufswagen aus dem Supermarkt gleichen.
Das Bevölkerungswachstum
Wie auch in Ruanda sieht man in Uganda wenige ältere Menschen. Kinder und Jugendliche beherrschen das Straßenbild. Kein Wunder bei 6,6 Kindern pro Frau (Platz 2 weltweit). Das Bildungssystem reicht dafür nicht aus. Wenn ich richtig gelesen habe, wird der Bildungsetat derzeit sogar zurückgeschraubt, weil internationale Projekte ausgelaufen sind.
Hinzu kommt, dass viele Schulen zusätzlich zu den Schulgebühren weitere Beiträge für zusätzliche Anschaffungen verlangen.

Tourismus
Es hat immer gute Ansätze von touristischer Entwicklung seit den 90er Jahren gegeben. Allerdings wurden Sie mehrmals wieder gestoppt durch Überfälle und Entführungen von Reisenden. Derzeit ist „Uganda im Kommen“. Das Landschaften sind spektakulär, die Parks außerordentlich, die Menschen sind überaus hilfsbereit, überall gibt es sehr gute Lodges. Lediglich die Straßen sind eine Herausforderung. Man wird sehen, wie die weitere Entwicklung aussieht, wenn die Pipeline durch den Murchison-Park gebaut wird. An den Parks hängen viele Arbeitsplätze, direkt und indirekt. Es bleibt zu wünschen, dass dieser Wirtschaftszweig wächst.

Uganda, eine Bananenrepublik? Landwirtschaftlich gesehen bestimmt. Denn noch nie habe ich so viele Bananenplantagen gesehen.
Politisch gesehen ist es ein Land im Transformationsprozess, das seine Identität sucht. Auch wenn Museweni 2021 wiedergewählt wird, hat seine Ära den Zenit überschritten. Und was kommt dann?
Wie oben geschrieben: Das sind meine ersten Eindrücke.

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