Reisen

Autor: Baobab (Seite 4 von 5)

Von Freuden und Hürden eines Reisebeginns

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Blick von der Veranda unserer ersten Lodge auf ein kleines Paradies.

Es hatte alles so wunderbar geklappt: Der Flieger war frühzeitig morgens um 7:15 in Joburg gelandet, der Service im Flugzeug war vorzüglich, wir hatten Platz und Ruhe, um wirklich auch etwas zu schlafen.

Niemals hatte ich eine unkompliziertere Einreise in ein afrikanisches Land erlebt, Geldumtausch war ein Klacks und selbst das Auto erhielten wir im Handumdrehen. Übrigens ein neuer Honda – 6.000 km – mit ganz neuen Reifen! Ich war schon ein wenig perplex. So enfach hatte ich mir das alles nicht vorgestellt.  Dazu versprach der Tag – dem Himmel nach zu urteilen –  ebenso so wunderbar zu werden wie unsere Ankunft es bereits war. Und dann hat uns die andere Realität im Parkhaus auf dem Weg aus dem Flughafen eingeholt. Ein Polizist stoppte uns nach genau 200 Metern: Wir hätten ein Stopp-Schild überfahren und sollten zahlen. Nebenbei: Wir waren mit höchsten 20 km/h unterwegs. Ich weiß nicht, wie wir es geschafft haben  – u.a. mit Sätzen wie „Wir fahren sofort zurück zur Autovermietung!“ „Wir sind erst seit ein halben Stunde in ihrem schönen Land!“ „Wir haben nichts falsch gemacht!“, jedenfalls waren wir zwei Frauen wohl doch zu stur für den Herrn, der dachte, schnell ein paar Rand kassieren zu können – irgendwann ließ er uns fahren, um sich dem nächsten Touri-Wagen zuzuwenden.

Später erfuhren wir, dass dies derzeit eine ganz böse Sitte von Polizisten geworden ist. Man kassiert am ersten Stoppschild am Flughafen ab – was man nicht darf! -, bessert aber dadurch das sehr spärliche Gehalt auf. Viele Südafrikaner sind beschämt über dieser Verhalten ihrer Landsleute,

Wie dem auch sei, wir hatten die erste Hürde bewältigt, Beate chauffierte den Wagen professionell durch die Außenbezirke von Johannesburg auf die N 12. Ohne Navi übrigens, das deshalb nicht funktionierte, weil unsere erste Zieladresse  ihm offenbar unbekannt war. Aber wir hatten ja unser Tourbuch, nachdem wir uns richten konnten. So dachten wir!

Die ersten Eindrücke waren so ganz anders als das, was ich von Afrika bsher kannte: Eine perfekt ausgebaute Verkehrswegeinfrastruktur,  viele neue Siedlungen – Soweto liegt westelich, wir fuhren östlich – und es wurde immer grüner unter dem stahlblauen Himmel. Keine vetrocknete Erde, aber auch nicht meine so geliebten Ocker-orange-roten Farbspiele. Dafür fuhren wir bald entlang von endlos scheinenden Maisfeldern – der Mais steht gut, würde Klaus sagen, und Hubert würde kommenteren: „Größer als eine LPG!“ -überquerten Flüsse mit relativ hohem Pegelstand, und hatten ziemlich Verkehr auf der Autobahn mit dichtem Aufkommen von Kohlelastern, die das nahe Bergbaugebiet ansteuerten.

Und dann unsere zweite, fogenreiche Begegnung mit der Polizei. Nach Plan sind wir von der N 4, auf der wir mittlerweile unterwegs waren, auf eine kleinere Landstraße abgefahren. Und zum zweiten Mal stoppte uns ein Polizist. Diesmal mit seinem Wagen hinter uns. Wir fuhren links ran und dabei unglücklicherweise mit dem Reifen an einen scharfkantigen Stein.  Es rietschte und ratschte! Warum wir angehalten wurden,  st uns bis heute nicht ganz klat. Angeblich hätten wir ein Stoppschild überfahren. War es, weil wir für den Polizisten „Aliens“ waren – abseits der Hauptroute? Wir zahlten wieder nicht, es wurde uns nur gesagt, dass wir falsch seien und umkehren müssten. Was wir schnellstens taten.

Es begann eine Irrfahrt auf immer kleineren Straßen -jetzt auch mit Schlaglöchern, aufkommender Panik, weil die Tourbuchbeschreibung so gar nicht zur Landkarte oder gar zur Beschilderung passen wollten. Wir wollten nach Schoemanskloof, aber weder der Navi noch unsere Beschreibung wiesen uns den Weg!  Bei einer Rast- und Landkartenrecherchepause stellten wir dann das nächste Malheur fest: Der Reifen hatte zwei dicke Löcher im Gummi – bis aufs Netz. Gott sei Dank an der Seite. Die Luft hielt noch.

Halb intuitiv, halb nach der Logik der Lankarte machten wir das Richtige und kehrten auf die N 4 zurück. Irgedwann – gegen 15:00 am Nachmittag – entdeckten wir das Schild: Old Joe’s Kaia – unsere erste Übernachtung. Es wäre so einfach gewesen! Leider hatte das Tourbuch Straßen ausgewiesen, die es seit dem Jahr 2000  nicht mehr gibt, wie uns dann darüber verzweifelter  Lodgebesitzer Paul detailliert erklärte.

Dafür waren wir in einem kleinen Paradies in den Ausläufern der Drakensberge gelandet: Eine keine Lodge mit ins ich so herzlichen Gastgebern – Marie und Paul, die alles ganz persönlich und liebevoll eingerichtet haben. Kein Luxus, nicht alles ist perfekt – aber stimmig und gemütlich. Das beste ist die Terasse mit Blick auf die Berge und ein verwunschenes Parkgelände mit Bäumen und blühenden Sträuchern aller Arten: Azaleen,  Bananen, Mangos und Avocados, Wandelröschen, uralte Bäume, Schlingpflanzen.  Das alles beheimatet von Vögeln, Libellen und Fröschen aus dem nahen Crocodile-River (die Moskitos halten sich zurück!). Der recht frühzeitige Sun-Downer, der nach den Erlebnissen etwas üppiger ausfiel, wird je dunkler es wird, von einer wunderbare Geräuschkulisse begleitet. Über uns ein afrikanischer Sternenhimmel wie im Bilderbuch!

Ich esse erstmals vergan – und das wie in einer 2-Sterne-Küche. Ich hätte mir niemals erträumen können, was man – in diesem Fall ist „man“ Maria, die Chefin, die, wie sie sagt, „aus Leidenschaft kocht“ – ohne Fleich und tierische Produkte so unglaublich Schkmackhaftes kochen kann: Es fehlt an Nichts: Die Butter aus Kokosnussmilch, Falafel mit Roten Beeten, Eis und Kuchen – es war vom Allerfeinsten. Dazu vorzüglichen Wein. Es fehlt uns an nichts. Zwischdurch springt mal ein Frosch durch das Speisezimmer, schwirrt ein schmetterlingsgroße Motte um die Lampe oder es verirrt sich eine Libelle.  Ein kleines Paradies – aber akut bedroht. Davon im nächsten Blog.

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Bis bald, sagte Baobab im Oktober 2015

 

Schattenbild von Hubert und mir auf der Salzplatte bei Gweta/Botswana Ende September 2015

Schattenbild von Hubert und mir auf der Salzplatte bei Gweta/Botswana Ende September 2015

…damals haben wir Abschied genommen von Afrika.

Es sollte nur ein kurzer Abschied werden, denn Hubert und ich wollten 2017 erneut starten – 8 Wochen durch Südafrika: „Wir kommen wieder. Südafrika wartet, die Serengeti, Tansania vielleicht“, hatte ich geschrieben.

Und dann musste ich im Juni 2016  nach 40 Jahren Abschied nehmen von Hubert, mit dem ich so unendlich viel gemeinsam erlebt hatte.

Manches ist nicht begreifbar.

Hubert hat das Reisen geliebt, weil er so neugierig war auf Menschen und Landschaften, weil er die Welt erkunden wollte.

Fasziniert war er von den Tieren Afrikas: Er brauchte keinen Fotoapparat, er hat die Bilder im Kopf gespeichert, um zuhause – machmal ohne Punkt und Komma, aber immer so spannend und lebendig – zu erzählen, was er beobachtet hatte. Das waren seine ganz persönlichen Kopfbilder.

All das ist nicht mehr. Ich fliege in 4 Tagen mit meiner Freundin Beate nach Südafrika – nur für knapp 3 Wochen – aber es ist ein Anfang. Huberts Fernweh hat sich übertragen.

Und ich freue mich, mit Beate unterwegs zu sein. Es wird ganz anders als mit Hubert. Und das ist gut so.

Trotzdem wird Hubert uns  auf unserer Reise begleiten – und uns folgen wie die Wolken es tun: flüchtig, nicht greifbar, aber immer mit dabei.

Abschied

DSCN9796Es ist Abend in der Kalahari. Wir sitzen draussen auf der Veranda der Bushbreak-Lodge kurz vor Gobabis in Namibia. Vor uns kommen unentwegt seit 10 Minuten Impalas ruhig und gelassen ans Wasserloch, trinken und wandern ordentlich in Reih und Glied weiter. Hubert meint eben, es ist wie bei einem Buffet, an dem sich die Gaeste ordentlich und wohlgesittet verhalten.

Mittlerweile ist die Sonne ganz untergegangen und wir sehen alles als Schattenspiel. Der Auftritt der Tiere nimmt kein Ende.

Wir nehmen Abschied von Afrika.

Abschied vom Seufzen der Hornbills, vom Trommeln der Frösche, dem meterdicken Zirpteppich der Grillen, dem Eselgeschrei der ägyptischen  Enten und dem Schnaufen der Flusspferde.

Abschied von einer Landschaft, die deswegen so reizvoll ist, weil sie sparsam mit ihren Verführungen umgeht.

Abschied von Menschen,die so freundlich und hilfsbereit waren, egal von welchem Tribe oder Nationalität sie waren.

Adieu  auch den Reisenden,  die wir unterwegs getroffen haben und mit denen wir an langen Tafeln gegessen und erzaehlt haben: Schweizern, Holländern, Schotten, Amerikanern, Engländern, Franzosen, Belgiern, Suedafrikanern.

Adieu dem knallroten Sonenuntergang und dem  liegenden Mond.

Wir kommen wieder. Südafrika wartet, die Serengeti, Tansania vielleicht.

Jetzt geht es aber Morgen erst mal zum Flughafen, wo wir bereits um 15:30 Uhr (!!!) den Wagen abgeben müssen, obwohl wir erst um 22: 00 Uhr fliegen.

Mitnehmen wir einen Haufen schmutziger Wäsche, zwei zerissene Hosen, eine kaputte Brille,  einen Chip voller Fotoaufnahmen und noch viel mehr Bilder im Kopf und im Herzen.

Relaxen in der Kalahari

DSCN9658Es sind unsere letzten Tage in Afrika. Ein wenig Wehmut kommt auf. 2 Tage sind wir in Edos Lodge, einem wirklichen Bushcamp etwas abseits der Strecke zwischen Maun und der Grenze zu Namibia. Wenn wir bisher dachten, die Kalahari sei trocken und wüst, so werden wir hier eines Besseren belehrt: Noch bevor wir das Camp sehen, sehen wir eine weite Wasserflaeche: Normalerweise ist hier ein kleines Wasserloch, an das morgens und abends die Tiere kommen. Nach den lezten Regenzeiten jedoch lief eine Salzpfanne in der Naehe nicht nur voll mit Wasser, sondern auch über, so dass davon das Wasserloch gespeist wurde, das jetzt seine Größe verzehnfacht hat. Grosse Bäume stehen im Wasser und unzählige Welse fühlen sich wohl. Ägyptische Gänse schnattern vom frühen Abend bis lange nach Mitternacht, begleitet von Grillengezirpe.

Das Camp wird von einem ganz jungen Paar betrieben: Er ist Italiener, der aber schon früh mit seiner Mutter, einer gebürtigen  Schweizerin, und seinem früh verstorbenen italienischen Vater Afrika kennenlernte. Sie ist Amerikanerin, die in Südfrankreich geboren wurde. Beide haben sich beim Studium in den USA kennen gelernt. Dann haben sie die Lodge auf dem grossen Tierkonzessionsgebiet des Stiefvaters übernommen, die durch einen anderen Manager ziemlich heruntergekommen war. Mit ganz viel Engagement und Gastfreundschaft bauen sie das Camp wieder auf. Dabei ist noch – immer für ein paar Monte im Jahr – die überaus resolute Mutter, eine Krankenschwester. Sie hat im Gebiet ein Tagesheim u.a. für Aidswaisen aufgebaut und ein Frauenprojekt initiiert. Wenn sie nicht dort ist, sammelt sie bei sich zuhause am Lago Maggiore Spendengelder.

Mit uns ist ein älteres (alle so um und über die 70) Quartett aus der Schweiz, das zum wiederholten Mal in Afrika unterwegs ist.

Wir geniessen die Lodge, ein nächtliches afrikanisches Gewitter, Nashornerkundungen, graben unter sachkundiger Leitung unseres Guides, ein San, Bushpotatoes aus, lernen die heilende Wirkung vieler Bäume und Sträucher der Kalahari kennen, und lassen uns zeigen, wie man ohne Feuerzug und Streichholz ein Feuer entfacht.

Zuverlässiges Afrika

„In Afrika können Sie sich auf gar nichts verlassen! O-Ton Abendsonne Afrika, die uns, so glaube ich jetzt fast, diese Selbstfahrerreise ausreden wollten. In Maun müssten wir unser Auto am Flughafen stehen lassen, Gepäck könnten wir auf keinen Fall im Hotel lassen, und telefonieren geht erst recht nicht.

Alles einfach falsch. In der kleinen, aber netten Unterkunft in Maun wurde uns sogar angeboten, kostenlos das Auto auf dem bewachten Parkplatz stehen zu lassen und die Koffer im Hotel aufzubewahren. Dazu gab es einen kostenfreien Shuttel-Service, und naterlich konnten wir nach unserer Rückkehr aus dem Delta unsere nächste Lodge über unsere Startzeit informieren, so dass uns dann pünktlich jemand vor dem 20minütigen Einfahrtsweg zum Camp in der Kalahari erwartete.

Im Delta

DSCN9543Die Wasserwelten, die wir zuvor aus der Flugzeugluke gesehen hatten, erleben wir jetzt von unten. Wir sind mittendrin im Delta: Unzaehlige Wasseradern, große Kanäle und kleine Rinnsale,  blaue Lagunen und Seen, weiße Inselchen, die aus eiem Termitenhuegel entstanden sind, und weite, mit Palmen bewachsene Sandebenen,  die dann wieder in Feuchtgebiet uebergehen, das von breiten Schlieren aus Tierspuren durchzogen ist.  Alles ist umschlosen von einem mindestens 2 Meter hohen dichten Papyrus- und Schilfguertel.

Krokodile liegen regungslos, aber hellwach in der Sonne, Storchkolonien verbreiten Geschrei, Elefantengruppen suchen Schatten unter Umbrella-Bäumen, Flusspferde dösen im Wasser, prusten nur manchmal und drehen sich auf die andere Seite, Wasserboecke und Impalas grasen in den Feuchtwiesen.

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Wenn man diese Wasserwelt vom Mokoro aus entdeckt, ist man zwiegespalten: Einerseits ist die Stimmung, während das Kanu lautlos durch das niedrige Wasser an Seerosen vorbei gleitet, sehr friedvoll. Andereseits hat man das Gefuehl eingeschlossen zu sein in diesen lebenden Pflanzenmauern. Das Gefuehl von Weite, das ich auf der ganzen Reise hatte, verliert sich in diesem Wasserlabyrinth – trotz seiner Schönheit.

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Vielleicht wirkt diese Natur auch auf die Menschen, die mir hier viel lethargischer und unflexibler vorkommen als anderswo. Vielleicht liegt das aber auch an der wirklich teuren Lodge, die nicht so leger ist als alle anderen bisher.

Trotzdem ist es nicht langweilig. Das beweist der Schnappschuss des „gaehnenden“ Flusspferdes.

Blick in die Realitaet

Natuerlich wird das Thema „Fluechtlinge, besonders in Deutschland“ hier abends beim gemeinsamen Abendessen, das alle an einer langen Tafel einnehmen, diskutiert.  Englaender, die nicht gut auf ihre englische Presse zu sprechen sind, sind ebenso voll Bewunderung fuer die Deutschen und ihre Hilfsbereitschaft wie die Amerikaner. Wir hoeren hier nichts von dem, was in dem unserer Meinung nach unsaeglichen SPIEGEL-Artikel ueber den „Imperialismus der Herzen“ und den deutschen „Sonderweg“  geschrieben wird.

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