Die roten Haare hat die untergehende Sonne fabriziert.
Autor: Baobab (Seite 19 von 20)
Wir sitzen am Kavango in unserer tended Lodge. Die gesamte Anlage hat schon bessere Tage gesehen, aber die Aussicht auf den Fluss und die im Wasser doesenden Flusspferde, die ab und an kurz und grunzend die Seitenlage wechseln, ist irreal.
Dieses Grunzen muss aus der tiefsten Tiefe des Flusspferd-Koerpers kommen. Bei diesem Resonanzboden klingt der

Laut eines Tieres, das in der Flussmitte liegt, als laege es direkt zu unseren Fuessen.
Direkt bei der Hakusembe-Lodge spielt sich der kleine Grenzverkehr zwischen Namibia uns Angola ab: Auf Mokoro-Booten (die sind so schmal, dass ich auf keinen Fall damit fahren werde!) werden besonders gegen Abend Mensch und Material transportiert. In Angola ist alles billiger, aber in Namibia gibt es Dinge, die es auf der anderen Seite nicht zu kaufen gibt. Nichts erinnert mehr daran, dass die Gegend um Rundu einmal Aufmarschgebiet der suedafrikanischen Armee gegen die SWAPO gewesen war und scharf geschossen wurde.
Der Kavango ist auch nur oberflaechlich eine Sprachgrenze zwischen dem Englischen und dem Portugiesischen. Auf beiden Seiten des Flusses leben Bantu-Voelker, die zwar nicht die Amtsprache der Menschen auf der anderen Seite verstehen, sich aber in ihrer eigentlichen Muttersprache, einem Bantu-Idiom, bestens unterhalten.
Das merken wir bei einer Bootsfahrt am spaeten Nachmittag: Der Bootsfahrer schippert auf die angolanische Seite, nicht nur, weil es dort die groesseren Krokodile zu sehen gibt, sondern auch, um mit den netten Angolanerinnen ein Schwaetzchen zu halten, die dort – in ihren Flussgaerten – alle Sorten von Gemuese anbauen.
Wir sitzen in der Dunkelheit auf unserer Veranda und lauschen dem naechtlichen Konzert:
Die Grundmelodie kommt von der anderen Flusseite und ist ein Geraeuschteppich, den unterschiedliche Grillenarten fabrizieren. Dann ein Solopart ganz in unserer Naehe. Jetzt setzt ein Vogel wie eine Klarinette ein – er ist wohl ein Nachtschwaermer – und jetzt ein Bass – die Flusspferde mischen sich ein, tief grunzend und prustend: afrikanisches Wasserkonzert.
Nördlich von Grootfontein ist Schwarzafrika: Es gibt keine Zauene mehr, Rinder- und Ziegenherden queren die Straße, links und rechts reihen sich kleine Ansammlungen von Hütten in traditioneller Bauweise.
Besonders im Caprivi sind das schilfgedeckte Rundhuetten, die Waende teilweise auch nur aus Schilf und Holz, teilweise aus Schilf und Lehm (Das Material wird von toten Termitenhuegeln genommen, mit Wasser gemischt: Es ist sehr hart und haltbar).
Ein Familienverbund bewohnt eine Ansiedlung, die mit einem Schilfzaun rundum geschuetzt ist. Wir sehen von Ochsen gezogene Karren – nicht auf Raedern, sondern auf Kufen. Was so afrikanisch wie im Bilderbuch aussieht, ist bitterste Armut.
Kaum jemand hat Arbeit. Glück hat, wer einen Job im Tourismus findet.
Viele verdingen sich als Wanderarbeiter, weil die Rinder und der Gemueseanbau nicht genug abwerfen. Geschaefte kann man kaum machen, weil niemand Geld zum Kaufen hat. Manchen versuchen es mit Brennholz- oder Schilfbuendeln oder kleinen Schnitzereien fuer die vorbeifahrenden Touristen.
Nur diejenigen Doerfer haben Strom, die eine Schule haben – obwohl die grosse Stromtrasse parallel zur Strasse verlaueft. 400 Meter Stromkabel zu verlegen, wie es unser Guide tun wollte, kosten 28.000 Namibia-Dollar (ca. 2.000 Euro) – unbezahlbar auch fuer einen Angestellten.
Bis letztes Jahr waren 12 Jahre Schule zwar Standard, aber die Eltern mussten ab Klasse 7 Schulgeld (neben der Finanzierug der Schuluniform) zahlen. Die Konsequenz muss nicht berichtet werden. Auch unser Guide musste nach der 7.Klasse die Schule verlassen, weil die Mutter kein Geld hatte.
Erst seit 2015 ist die Schule bis zum Abschluss kostenfrei. EIN LICHTBLICK!
Ich entschuldige mich jetzt schon mal auch fuer alle folgenden Tippfehler – das Tablet und meine dicken Finger werden in diesem Urlaub keine Freunde mehr.
Ach ja, noch einTipp: Wenn Ihr auf die Fotos klickt, koennt ihr sie auch groesser ansehen. Ich habe die Pixel nur etwas reduziert, damit nicht so viel Speicher verbraucht wird.
Wir sitzen am Nacmittag direkt am Kavango und lassen es uns gut gehen. Hubert beobachtet mit dem Fernglas die Fischer, die auf der anderen Flusseite ihre Netze auslegen – in Angola. Ich blogge ein wenig und schaue immer wieder auf einen Stein im Fluss, wo seit ueber einer Stunde ein kleiner Reiher fast regungslos steht.
Die Fahrt von Grootfontein bis nach Rundu dauerte keine 3 Stunden, eine schnurgerade Strecke durch semiarides Gelaende – eingezauente Rinder-und Jagdfarmen – erst nach dem Veterinaerzaun, hinter dem das Kavango-Land beginnt, enden die Zaeune. Einfache, schilfgedeckte Huetten säumen jetzt die Route, spaeter – kurz vor Rundu – sind es Wellblechhuetten.
Die Dornhuegel-Farm liegt unweit von Grootfontein in einer Karstlandlandschaft mit vielen unterirdischen Wasseradern. Weil deshalb Ackerbau betrieben werden kann, nennt man die Gegend auch das Maisdreieck Namibias.
Grootfontein – grossse Qelle – ist Africaans. Nur fehlt es seit ueber 2 Jahren an Wasser. Das letzte Mal geregnet hat es im April – und das gerade mal 200 ml. Die Farmer reduzieren ihre Rinderherden, weil alles abgeweidet ist und sie zufuettern muessen.
Die Dornhuegel-Farm ist keine wie jene der Familie Gaukler, die wir vor 3 Jahren besuchten. Dort hat der Sohn den Hof vom Vater uebernommen, ist mit Herz und Seele Farmer, der uns bei der abendlichen Rundfahrt jedes Kraut einzeln beschrieben hat und fast missionarisch von seinem Konzept der oekologischen Schafshaltung in Trockengebieten erzaehlte.
Hier dagegen sind die Besitzer aus Hamburg („Firma Edding“) und nicht staendig im Land, die traditionell bewirtschaftete Rinderfarm ist getrennt vom Gaestehaus.
Trotzdem fuehlen wir uns wohl: Auf der Rundfahrt durchs Farmland mit einer jungen Familie aus Karlsruhe, die neben uns die einzigen Gaeste sind, herrscht eine sommerlich-heitere Abendstimmung. Wir sehen Antilopen, Geier, einen Schakal und – kurios – ein Pferdezebra, gezuechtet vom Besitzer, der als Pferdeliebhaber hier auch eine Zucht mit Pferden aus Lesotho betreibt.
Erst nach einem herrlichen Sonnenuntergang kehren wir zum Gaestehaus zurueck.
Das Essen mit Gemüse aus eigenem Anbau und das geraeucherte Kudu-Fleisch ist koestlich. Leider bin ich zu muede, um mit den anderen noch am Lagerfeuer zu erzaehlen. Gute Nacht!
Es ist so still hier in Namibia, wohltuend still. Und wenn die Sonne untergegangen ist und sich der Sternenhimmel mit seiner ueberwaeltigenden Pracht zeigt, koennen einem fast die Traenen der Ruehrung kommen vor soviel dunklem Glanz.
Die Milchstrasse ist ganz nah – und Millionen anderer Sterne.
Leider nicht zum Fotografieren – jedenfalls nicht mit meiner Kamera! Muss auch nicht sein.
Dafuer habe ich heute den Meteoriten Hoba ins Bild bekommen. Ein Koloss von 6o Tonnen, der zu ueber 80 Prozent aus Eisen besteht. Gruss aus dem Weltall!
Zu diesem „Ausserirdischen“ haben wir einen Abstecher gemacht, nachdem wir vom Waterberg auf einer guten Piste Richtung Dornhuegel-Farm aufgebrochen sind. Da sind wir gut angekommen – ich sitze im Schatten, Hubert liegt am Pool, und am Nachmittag machen wir eine Farmrundfahrt. Langsam faellt die Hektik von uns ab.
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