Reisen

Autor: Baobab (Seite 13 von 19)

Der Kolonnenweg

10 Tage sind wir nun zu einem großen Teil auf dem Kolonnenweg gewandert. Langweilig? Immer gleich? Mitnichten. Zwar ist der Aufbau meist identisch. Links und rechts ausgelegte Betonplatten mit Lochmuster, sehr verwitterungsbeständig. In der Mitte ein freigelassene Streifen Bodengrund – nicht immer gleich breit. Grenzfahrzeuge konnten – sogar mit einer Art Militär-T rabi – jeden Punkt der Grenze erreichen.
Heute, Jahrzehnte später, zeigt sich dieser „Wanderweg“ vielfältig.
Es gibt quergelegte Lochplatten, und es gibt hochgelegte. Die quergelegten sind zum Wandern besser.


Manchmal gibt es Betonplatten, die keine Muster haben, sondern nur am oberen und unteren Ende zwei quadratische Löcher. An Kurven gibt es – sehr selten – Betonplatten ohne jegliches Loch.
Viel interessanter ist aber das Verhalten des Untergrundes und der die Platten umgebenden Natur: Manchmal ist das Betonlochmuster von den Grassoden voll ausgefüllt. Dann geht es sich federnd leicht. Manchmal sind die Löcher ausgefüllt mit allen Arten von Wildkräutern und Pflanzen: Klee, blühende Pflanzen, Wildrosen. Das sieht sehr schön aus, verleitet zum Fotografieren, ist für das Wandern aber ungeeignet. Noch ungeeigneter sind tiefe Löcher, die gar nicht ausgefüllt sind. Das ist dann die Rache des DDR-Systems am Wanderer! Hier hilft nur äußerste Konzentration.


Die Lochmuster sind das eine, die unbetonierte Mitte ist ein anderes: Manchmal sind sie – von z.B. Schafen sehr gepflegt – dann kann man „durch die Mitte“ gehen. Manchmal wachsen Gras, Johanniskraut, Schafgarbe fast meterhoch – dann geht in der Mitte gar nichts .

Manchmal führt der Kolonnenweg durch Wald, wie an den Saaleschleifen, dann gehen wir in der Mitte auf federnden Waldboden. Und manchmal ist der Kolonnenweg einfach überwuchert – wie im Auenwald bei Neustadt. Dann ist man auf spannender Spurensuche.
Nein, der Kolonnenweg ist nicht eintönig. Er ist mit ordentlichem Schuhwerk auch keine Stolperfalle. Er ist einfach ein Weg der Konzentration auf das Wesentliche von Vergangenheit und Gegenwart.

Abschiede, Filmaufnahmen, Auenwald – aber „nur“ ein kurzer Wandertag

 

Was sich manchmal alles in einen Tag hineinpackt:
Da war zuerst einmal der Abschied von Annette, die in Pressig die Tour beendet und dort noch einen Tag bei ihrer Freundin bleibt.  Danke, liebe Annette, für die Begleitung! Dein Orientierungssinn wird mir fehlen. Und ab heute werde ich den Rucksack jedes Mal wieder selbst runter nehmen müssen, wenn ich fotografieren will.
Annettes Freundin – danke, liebe Sigrun, für deine Gastfreundschaft, für deine gedanklichen „Stolpersteine“ und die Fahrten zu DEINEM schönen Frankenwald – hat mich zum Start der heutigen Etappe gefahren.
Dort – und damit bin ich beim zweiten Paket des Tages, standen schon Wagen des Bayerischen Rundfunks. Sie wollten mit Kai Frobl, BUND-Experte und „Erfinder“ des Namens „Grünes Band“, einen Beitrag für die Frankenschau drehen. Und dann kam ich dahergelaufen. Das war natürlich ein wunderbarer Zufall, wie es kein Drehbuch besser schreiben kann. Der Beitrag läuft Ende Juli. Ich bin mit dabei: verschwitzt, mit ungewaschenen Haaren, Sonnenbrille, die ich vergaß abzunehmen…..
Aber trotzdem war es schön.
Und ich freue mich, wenn viele meiner Leser  und Leserinnen etwas zur Erhaltung, Weiterentwicklung und Pflege des Grünen Bandes spenden.

Das Dritte Päckchen des Tages war dann eine Auenlandschaft bei Neustadt. Ich bin gerade auf dem Radweg an der Steinach unterwegs, denke, dass Radwege für die Wandrerin nicht gerade das Non-plus-Ultra sind, als ich den Kolonnenweg entdecke, der über eine Brücke führt. Die Steinach hatte die DDR-Grenztruppe begradigt. Nach der Wende hat sich das Flüsschen sein altes Bett geholt, und so ist eine Aueninsel entstanden: ein kleiner Urwald. Der Kolonnenweg ist hier so gut wie zugewachsen. Brenessel, Brombeeren, Windbruch von Birken und Pappeln – man muss schon einiges bewältigen. Aber es macht Spaß, so sehr, dass ich den Weg immer weitergehe und irgendwann an der Straße Neustadt – Sonneberg herauskomme. Dann muss ich zwar durch ein Gewerbegebiet wieder auf einem Radweg zurücklaufen – aber es hat sich gelohnt!

Von Spechtsbrunn bis Kronach

 

Es ist früher Sonntagmorgen, als wir von Spechtsbrunn aus über einen Wiesenweg hinauf zum Waldrand steigen. Dort finden wir bald wieder den Kolonnenweg. Und wir finden die Hinweisschilder über junge Menschen, die bei Fluchtversuchen erschossen worden sind. Hier waren es drei Menschen, vor Spechtsbrunn zwei. Abends sagte mir ein Besucher in der Gastwirtschaft: Hier ist nichts passiert. Nur einer ist mal erschossen worden. Das ist alles in Berlin gewesen.“
Wie sehr hatte Hubert, mein Mann, sich immer aufgeregt, als „seine“ Benneckensteiner im Harzer ehemaligen Sperrgebiet von nichts mehr wussten: Weder von Juden, die im Nationalsozialismus in den Selbstmord getrieben wurden, noch über die Toten der innerdeutschen Grenze.
Trotzdem: Über einen wunderschönen Weg kommen wir zum Wildberghof, gegründet in den 1970ern von Frankfurter Kommunarden. Zwei von Ihnen leiten heute noch den Hof, wo man auch übernachten und sonntags Kaffee trinken kann.
Aber zu dieser Uhrzeit? Vor 10:00 Uhr?
Klar doch, Kaffee geht immer. Zusammen mit einer Unterhaltung der „alten“ Kommunarden, über die Trockenheit und ihre Konsequenzen für die Landwirtschaft.
Nach der Kaffee-Stärkung geht’s über Wald und Wiesen nach Sattelpass und Neuenbau. Dort, auf dem Hammerberg ließ dass DDR-Regime eine „Führungsstelle“ für den gesamten Grenzabschnitt einrichten. Die Sattelpasser hatten es schwer: Wenn in Neuenbau Tanz war, mussten die Sattelpasser um 22:00 Uhr zuhause sein.

Dabei war das früher ganz anders: Die über den Sattelpass verlaufende Straße war seit dem späten Mittelalters Geleitstrasse, auf der Reisenden Schutz und Schild gewährt worden war. Sie war die Verbindungsstrasse zwischen Maintal und oberen Saaletal, zwischen Nürnberg und Leipzig. Martin Luther war wohl der bekannteste Reisende dort.

Dann wandern wir runter ins Tal der Tettau. Ganz lang durch den Frankenwald. Ganz weit runter. So weit, dass wir uns etwas verlaufen. Was nicht schlimm ist. Weil wir direkt an einer Gasstätte rauskommen: Klöße mit Sauce, Thüringer Würste: ein Gedicht!
Der Weg entlang der Tettau – linkerhand ein sehr steiler Frankenwaldsteilhang, rechts die Tettau mit einer zugewachsenen Bahntrasse – führt mal wieder durch eine tolle Landschaft – leider auf dem Fahrradweg. Was es für Wandrerinnen nicht einfach macht.
Es geht bis Heinersdorf, einem zweiten Mödlareuth – mit Mauer.
Wir (müssen) noch weiter zum Bahnhof nach Pressig.

Von wo aus wir nach Kronach fahren. In die Cranach-Stadt. Mit ihren wunderbaren alten Häusern. Wo wir im alten Flossherrenhaus übernachten. Und im Brauhaus gut essen und trinken. Und auf unsere wunderbare Gastgeberin des Ruhetages am Montag treffen. Wir fühlen uns wohl im Frankenwald!

Nachdenkliches

„Mit welchen Erwartungen seid Ihr denn hier hergekommen?!“ Eine, deren Heimat der Frankenwald ist, ist nicht sehr erfreut über den letzten Blog, in dem es um geschlossene Gasthäuser ging. „Hier in dieser Region entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze war 50 Jahre nichts. Hier gab es vielleicht in den Dörfern ein Wirtshaus, in das die Männer abends ein Bier trinken gingen.“ Wir könnten diese Region am Grünen Band nicht mit Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz vergleichen. Hier sei nicht viel gewesen – außer der wunderbaren Landschaft.
Tatsächlich bin ich sehr nachdenklich geworden. Hat sich da etwa so eine etwas arrogant-oberflächliche Sichtweise eingeschlichen, dass es im Frankenwald doch – bitte schön – an jeder Wegzweigung eine urige Waldgaststätte zu geben habe?
„Freut Euch doch stattdessen, wenn ihr auf eine Gaststätte trefft, statt nur zu kritisieren, wenn eine geschlossen ist.“ Diesen Ratschlag werde ich in Zukunft beachten. Versprochen.
Und das fällt ja nicht schwer bei dieser wunderbaren Landschaft mit seinen dunkelbewaldeten Berghügeln, den Bächen, Wiesen und Feldern, wo der Wanderer oder die Wandrerin allein auf weiter Flur ist, wo man die Vögel noch singen hört und die Schmetterlinge nicht vereinzelt, sondern hundertfach am Wegrand flattern.

Grandiose Aussicht auf der Thüringer Warte

Die Thüringer Warte

Manche Tage geht’s rauf und runter. An diesem Tag von Probstzella nach Spechtsbrunn geht’s mehr rauf – und zwar steil und schweißtreibend . Erst nach Lauenstein (Bayern) mit Burg, dann nochmal höher zur Thüringer Warte, in früherer Zeit DEM Aussichtspunkt im Westen, um die Grenzanlagen zu sehen.

Besuch des Bundespräsidenten Lübke an der Thüringer Warte 1964

 

Blick nach Süden

Herrliche Aussichten bei strahlendem Sonnenschein hatten wir schon den ganzen Morgen, aber die Blicke vom Turm waren kaum zu überbieten – in alle Richtungen!


Dann wieder ein Stück Kolonnenweg – wir hatten ihn schon vermisst, bis wir nachmittags wieder auf den Rennsteig stoßen (Teerweg!) und nach über 20 Kilometer in Spechtsbrunn ankommen.

„Zonenrandgebiet“

Vom Sperrgebiet zum Wanderparadies: Zwischen Ludwigsstadt und Probstzella.

Die Frau aus der Touristik-Information in Ludwigsstadt, bei der wir uns nach dem Wanderweg nach Probstzella erkundigen, ist sehr, sehr stolz auf ihre guten und prämierten Wanderwege.
Das sei nicht immer so gewesen. Als die Gegend hier noch „Zonenrandgebiet“ gewesen sei habe man sich vor Touristen nicht retten können. Grenztouristen. Zum Beispiel zur Thüringer Warte oberhalb von Lauenstein. Alle Häuser seien voll gewesen. Nach der Wende habe man gedacht, es gehe alles so weiter. Vor 10 Jahren sei klar geworden, dass man die neue Zeit verschlafen habe. Keine Touristen mehr. Keine Einnahmen. Deshalb setze man jetzt verstärkt auf Wandertourismus. Qualitätsgeprüft. Stimmt – das Wandern hier lohnt sich.

Knödel-Äquator

Heute essen wir zum ersten Mal Thüringer Würste. Zusammen mit fränkischen Würstchen und Sauerkraut in einem Gasthof am Rennsteig. Überall in den kleine Dörfern links und rechts des Grünen Bandes gab es früher Gasthäuser und Pensionen. Jetzt treffen wir unterwegs kaum auf eine Einkehrmöglichkeit. Häufig findet man am Ortseingang noch ein Hinweisschild mit Öffnungszeiten – aber nur, weil man vergessen hat, es abzumontieren.
Häufig bieten die Gasthöfe auch noch Übernachtungen an, allerdings ohne warmes Essen, weil Ruhetag ist, oder Ferien, oder der Koch krank.
Nicht, dass der Betrieb nicht lohnen würde. Nein, die Besitzer, in die Jahre gekommen, finden keinen Nachfolger und/oder keine Mitarbeiter. Wer will heutzutage schon an Wochenenden arbeiten, noch dazu für einen mickrigen Stundenlohn und dort, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen?

In den Gaststätten selbst ist die Zeit stehen geblieben. Das Interieur aus den 60er Jahren, viel Holz, eine Schiebetür für den zweiten Gastraum, alles im Halbdunkel – ich habe sogar den guten alten Kaugummi-Automaten wiederentdeckt. Die Speisekarte stammt auch aus den 60ern: Strammer Max und Toast Hawaii. Frische Klöße gibt es – wenn überhaupt – nur an Wochenenden und auf Bestellung.
So wandern wir am „Knödel-Äquator“ entlang, und hatten nur am ersten Abend in Bad Elster böhmische Klöße auf dem Teller.
Der kulinarische Tiefpunkt war das Gasthaus am Friedrich-Wilhelm-Stollen in Lichtenberg (Franken) bei Blankenstein (Thüringen). Wir übernachten am Mittwoch, die Gaststätte hat von Montag bis Mittwoch Ruhetag. „Die Frau“, sagt der Wirt, ist in Hof zum Einkaufen. Sie würde uns Grillhähnchen mitbringen. Ob’s recht sei? Nach einer 20-Kilometer-Wanderung ohne Einkehrmöglichkeit unterwegs ist uns alles recht. Das halbe Hähnchen – immerhin macht uns „die Frau“ noch Bratkartoffeln – muss vom schlechtesten Grillwagen der Gegend stammen. Den Geschmack nach altem Fett habe ich die ganze Nacht im Mund, und am nächsten Tag müssen wir uns beide mal des öfteren in die Büsche verziehen.
Die deftige Hausmannskost auf dem Dorf ist eine Mär, zumindest bis jetzt.
Aber das sollte niemand von der Wanderung auf dem Grünen Band abhalten.
Und ein Nachtrag: Wie schnell sich die Sachlage zum Guten ändern kann! Diesen Blog-Beitrag hatte ich Samstagabend geschrieben. Am Sonntagmittag haben wir uns verlaufen. Gott sei Dank!  Wir sind nämlich an einer Gaststätte aus dem Wald gekommen, bei der es fränkische Würste gab und Klöße  mit Soße – so locker und frisch hatte ich noch keine gegessen.

Eine Perle der Bauhaus-Architektur und ein Unternehmer, der alle Muster sprengt

Das “Haus des Volkes“ ist ein Meisterwerk des Bauhaus-Architekten Alfred Arndt. Eines seiner frühen Bauten. Es ist nicht nur das Wahrzeichen von Probstzella, es dominiert den kleinen Schieferort im ehemaligen Sperrgebiet.
Eigentlich war das gewaltige Bauwerk schon reif für die Abrissbirne, doch dann fanden sich drei im positiven Sinne „Verrückte“, die es Anfang der Jahrtausendwende von der Treuhand ersteigerten und versuchen, es wieder als Hotel, Kultur- und Bildungshaus zu etablieren. Ein Wahnsinnsunterfangen!
Allein der große Veranstaltungsraum fasste einmal 1.000 Plätze. Die Deckenkonstruktion dieser „Kathedrale des Volkes“ – wie sie in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts genannt wurde – wurde leider in der DDR-Zeit verschandelt.

Der Rote Saal bietet Platz für 1.000 Menschen. Leider wurde die Deckenkonstrukton verschandelt.

Erbauen ließ das Haus der thüringische Industriepionier Franz Itting. Als Jugendlicher wollte er mit seinem Freund nach Amerika, um „den unterdrückten Indianern“ zu helfen, als Industrieller führte er in seinem Elektrizitätsunternehmen in der Weimarer Republik die 40-Stunden-Woche ein, förderte die Mitgliedschaft in Gewerkschaften, schloss Lebensversicherungen für seine Arbeiter ab…
Das Haus des Volkes sollte den Menschen dieser ärmlichen Gegend Bildung, aber auch Entspannung und Erholung bringen. Der Aufbruch in eine neue Zeit mit den Formen moderner Architektur. Das Konzept ging auf. Zu den Veranstaltungen im „Haus des Volkes“ strömten die Massen. Bis die Nazis kamen.
Itting war Sozialist, war in der Region politisch aktiv und wurde von den Nazis als „Bonze“ und „Volksschädling“ beschimpft, in Schutzhaft genommen, verfolgt. Nach dem Krieg haben ihn die Kommunisten als „feindliches und entartetes Element“ verfolgt, inhaftiert, verurteilt. Aber Itting fing im Westen ein drittes Mal an und blieb bis zu seinem Tod mit über 90 Jahren der Überzeugung treu, „dass sich die Menschheit ein Paradies schaffen könnte“.
Im „Haus des Volkes“ gibt es eine gut konzipierte Ausstellung über das Leben dieses Mannes, der in keine deutsche Norm“ (Roman Grafe) passt. Roman Grafe hat ihm mit dem Buch und Dokumentarfilm „Mehr Licht“ ein Denkmal gesetzt.
Es ist ein Erlebnis, in diesem Bauhaus-Hotel zu übernachten. Würde es in Berlin stehen, wäre es auf Jahre hinaus ausgebucht. Aber es steht am Grünen Band – im „wilden Deutschland“.

 

Frühstücksraum des Hotels und bereits Teil des Museums.

Was sich aus einem Zeckenbiss entwicken kann

 

Am morgen hat Annette einen Zeckenstich am Bauch (!), der sich entzündet hat, weil die Zeckenkarte kein Ersatz für die Zeckenzange ist.
Die Hausleute des Rennsteighauses raten dringend zum Arztbesuch. Wir werden vom Herbergsvater nach Steinbach (Bayern) am Wald gefahren, die Ärztin versorgt den Stich und entfernt die Zecke, und dann lösen wir ein Ticket für den Regionalzug nach Ludwigsstadt. Von dort wandern wir über die Fischbachsmühle, die Villa Falkenstein nach Probstzella (Thüringen), einst eingemauerte Stadt im Sperrgebiet und Grenzbahnhof für den Transit-IC München – Berlin.  Berüchtigt war der Bahnhof für seinen 20 Meter langen Kontrollgang, durch den alle Reisenden mussten.

Mitten im Wald: eine Pralinenmanufaktur. Köstlich!

 

Ehemaliger Grenzbahnhof: Probstzella

Versäumt haben wir die Schieferstadt Lehesten und die KZ-Gedenkstätte Laura, wo Tests für die Raketenwaffe V2 durchgeführt wurden.

Erfahren haben wir durch den unfreiwilligen Arztbesuch stattdessen die wirkliche Geschichte des Altvaterturms am Wetzstein, die Geschichte vom Grenztourismus in Ludwigsstadt, und – Achtung Höhepunkt – wir haben mitten im Wald eine Confisserie entdeckt mit den köstlichsten Pralinen, mit exzellentem Kuchen (z.B. frischer Stachelbeerkuchen mit Baiser) und richtig guten starken, aromatischen Kaffee.
Und jetzt sitze ich auf der Terrasse eines irrsinnig tollen Bauhaushotels in Probstzella, schaue auf den Wald, unter mir der ehemalige Grenzübergang, trinke einen Aperitif und lasse es mir gut gehen.
Über das Bauhaushotel von Alfred Arndt und den Unternehmer Franz Itting, der sich nie unterkriegen ließ, später mehr.

Der Spion, der aus der Muschwitz kam

Ein Westspion im Höllental, ein toter Briefkasten (TBK), das Notizbuch eines Ostagenten, das ein westdeutscher Grenzbeamter auf einem Kontrollgang im Gras findet, nasse Pfade und dunkle Schieferhöhlen – Stoff in Hülle und Fülle für einen Thriller.
Und am frühen Morgen, als wir von der „Sommerfrische“ des Friedrich-Wilhelm-Stollens aufbrechen, während unsere Gastwirte noch schlafen – können wir uns diese Grenzgeschichten, die sich tatsächlich hier ereignet haben, sehr gut vorstellen.

Frühmorgens an der Muschwitz

Wir gehen den „Grenzerweg“ von Blankenstein aus immer an der Muschwitz lang. Kein Kolonnenweg hier, weil der Fluss die Grenze bildete. Weicher Waldboden und regennasse Graspfade. Ein Reh quert unseren Pfad. Die Biber, die es hier gibt, haben keine Lust auf Besuch. Die Landschaft hat sich verändert. Tannenwälder, Relikte früherer Bergbautätigkeit, Höhlen. Totale Einsamkeit. Bis wir hinter dem Kulmberg auf den Rennsteig stoßen.

Rennsteig trifft Kolonnenweg

Ich bin erstmal sehr enttäuscht: Wie habe ich es mir auf dem Rennsteig romantisch vorgestellt! Was hat Hubert immer erzählt vom urigen „Falkenstein“! Jetzt laufen wir auf einer geraden Schotterpiste, ideal für Radfahrer, ermüdend für Wanderer. Er scheint genau das zu sein, was der Name im Althochdeutschen bedeutet: ein schmaler Lauf- oder Reitweg. Links Forstwirtschaft, rechts Forstwirtschaft und in der Mitte die Schotterpiste. Jetzt verstehe ich den Gruß der Rennsteigwanderer: „Gut Runst!“ (Gutes Rennen!)


Wie nochmal ist Thüringens heimliche Nationalhymne? „Ich wandere ja so gerne am Rennsteig durch das Land, den Beutel auf dem Rücken, die Klampfe in der Hand…“
Aber dann – dem Touristenverein sei Dank! – trennt der Weg sich wenigstens zeitweise in eine Strecke für Wanderer und eine für Radfahrer. Die für uns führt über Waldpfade, Quellgebiete Waldlichtungen und – immer wieder über den querenden Kolonnenweg. Zu Zeiten der deutschen Teilung war der Rennsteig nicht durchgängig, und auf dem Abschnitt, auf dem wir uns befinden, war Sperrgebiet!
Leider sind – anders als ich dachte – die Gasthöfe und Imbisse am Rennsteig, verwaist, geschlossen – oder es ist Ruhetag.
Immer noch ohne Thüringer Wurst im Magen, kommen wir in dem Schieferstädtchen Brennnersgrün an. Von dort nach Spechtsbrunn wurde 1990 der Rennsteig wieder als durchgehender Wanderweg geschlossen.

Weite Sicht

In Brennersgrün übernachten wir im wunderbaren Rennsteighaus (alte Architektur, modernes Mobiliar!). Der Pächter, ein Italiener, ist gerade in Sizilien, seine alte Mutter zu besuchen. Aber da sind ja die Herbergsleute , ein ganz herzliches Rentnerehepaar, das jeden Gast liebevoll umsorgt. Das entschädigt für die nicht vorhandenen Thüringer Würste.

Schieferort Brennersgrün mit tollem Rennsteighaus!

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