Reisen

Autor: Baobab (Seite 12 von 19)

Sinnesfreuden

Wir fahren Richtung Vaparaiso ins Tal Casablanca. Weinland. Zwar sind wir hier nicht in einem der alten Weingütern, sondern im erst seit 25 Jahren existierenden „Casas de Bosques“, dessen Besitzer aus Rapallo nach Chile eingewandert ist. Der Wein, der hier ausgebaut wird, ist aber derart himmlisch, dass ich das Risiko eingehe, und eine Flasche Syrah Pequenos produciones mit nach Mainz nehme.
Und dann – vor einer Führung durch Weinberge und Keller – ein Mittagessen vom Feinsten mitten in den Weinbergen.
Es ist ein wenig so edel wir im Rheingau. Und tatsächlich wird hier auch Riesling angebaut – neben Merlot, Chardonnay, Sauvignon blanc, Carmenere…..

Santiago

Es ist das Santiago der Gutsituierten, das wir in den ersten Tagen kennenlernen. Hier im Viertel Las Condas spiegeln sich die Hochhäuser in den Glasfassaden der Wolkenkratzer gegenüber, sind die Rasen frischgrün, werden die Strassen ständig gekehrt, stehen Elektoroller zum Verleih, spielen Kinder mit ihren gut angezogenen Müttern (und manchmal auch Vätern) auf Spielplätzen, laufen junge Männer in weißen Hemden geschäftig mit dem Handy am Ohr auf blitzblanken Bürgersteigen.
Der Verkehr hält sich in Grenzen, denn es sind Sommerferien und wer kann, fährt hinaus aus der Stadt, die in einem Kessel auf 500 Meter Höhe liegt, umgeben von den Gipfeln der Anden, dem Küstengebirge und Hügeln im Norden und Süden. Oft ist der Smog so dicht, dass man die 6.000er nicht mehr sieht. Klar, dass die Luftverschmutzung eines der großen Probleme in Santiago ist.
Heute ist der Himmel strahlend blau, manchmal geht sogar eine frische Brise. Wir fahren mit der Metro (hypermodern) vom Botschaftsviertel ins Regierungsviertel, das Zentrum von Santiago. Hier mischen sich die Architekturstile, ein Querschnitt durch die Jahrhunderte: die neoklassizistische Moneda, einstmals Münze, dann Präsidentensitz, den Pinochet 1973 bombardierte und indem sich Salvadore Allende erschoss, als er keinen anderen Ausweg mehr sah. Da sind die großbürgerlichen Häuser aus der Zeit der Salpeterbarone, die Patios, die prächtigen Jugendstilgebäude. Ministerien, Hauptpost, Verwaltungsgebäude. Vor allem aber immer wieder Einkaufspassagen – alte aus der Zeit des Artdeco und neue Malls. Chilenen scheinen gern einzukaufen (wenn sie das nötige Geld dazu haben). Wir trinken Kaffee am Plaza de Armas, wo sich das Leben abspielt, schauen dem ständigen Strom der Menschen zu, die über den Platz laufen., wo Luftballonverkäufer ihre bunten Ware und Strassenmmaler ihre Künste anbieten. Hier trifft man sich, isst Eis, spielt Schach…

Im Museo Historico National betreiben wir ein wenig chilenische Geschichtskunde. Leider endet der Rundgang mit dem Putsch Pinochets. Ein Museum zur jüngsten Vergangenheitsbewältigung liegt in einem anderen Stadtteil Santiagos. Vielleicht klappt ein Besuch nach unserer Rückkehr aus der Atacama.
Wir schlendern durch die Strassenzüge rund um den Plaza des Armes, an den Zelten der Wahrsagerinnen vorbei, die heute ein gutes Geschäft machen, und landen irgendwann im Mercado Municipal, wo die Fischverkäufer langsam Feierabend machen und die Kellner der Restaurants mit ihren Rufen immer noch den einen oder anderen Gast anlocken wollen. Wir lassen uns verführen, essen relativ teuren, trocken gekochten Fisch, haben dafür aber einen tollen Blick über die gesamte Halle.

Eigentlich…

Eigentlich war es – in der Rückblende gesehen – ganz einfach. In der Situation selbst hat mich alles schwer genervt.
Dank eines Hinweises von Katharina, dass in Amsterdam am Abflugtag 160 Flüge gestrichen worden waren, war ich dann Dank Internet um 10 Uhr darüber informiert, dass ich anders fliege: Nicht über Amsterdam direkt nach Santiago, sondern über Sao Paulo, nicht mit KLM, sondern Latam, nicht mit meinen Mitreisenden, sondern allein. Dass dieser Flug wiederum statt wie geplant um 19:45 Uhr erst um 22 Uhr startete, ich den Anschlussflug von Sao Paulo nach Chile neu und später umbuchen musste, das hat dann doch heftige Kopfschmerzen verursacht und mich nicht mehr so wirklich an einen gelungenen Urlaubsstart glauben lassen.
Gut gemeinte Hinweise per Whatsap und Co, als jemand, der um die halbe Welt fliegt, müsse man sich mit so was abfinden (Sohn), ich solle was gutes essen und Sekt trinken (Tochter), habe ich nur die Idee mit dem Alkohol berücksichtigt (Bier statt Sekt) und den pragmatischen Vorschlag mit der Aspirin (Freundin).
Beides hast gewirkt – und spätestens, als ich die 6stündige Wartezeit in Frankfurt auf einer weichen Lederliege halb lesend, halb dösend hinter mich gebracht hatte und im Flieger nach Sao Pauli das beste Bordessen seit langem serviert bekam, ging es mir wieder gut.
Als sich dann zudem herausstellte, dass der Flughafen von Sao Paulo längst nicht so unübersichtlich und chaotisch ist wie vorgestellt, sondern im Gegenteil alles sehr besucherfreundlich konzipiert ist und jedermann/jedefrau sehr hilfsbereit ist, konnte ich auch die nächste Verspätung gut ertragen.
Nach rund 27 Stunden Reisezeit ab Mainz lande ich mit einem grossartigen Blick auf die schneebedeckten Gipfel der Anden in Santiago. Wieder langes Warten an der Passkontrolle. Und da sehe ich auch schon meinen Schwager, der nach mir Ausschau hält.

Kurz vor der Landung in Santiago

Auf nach Chile

„Leere Muscheln im Sand / Verlassen vom Meer als es ging / als es ging, das Meer auf die Reise / auf die Reise zu anderen Meeren. / Es verließ seine Muscheln, / perfekt von ihm poliert, / bleich von den nie endenden Küssen / des Meeres, das ging auf die Reise.“ Pablo Neruda, Übersetzung: Tias

Ich gehe wieder auf Reisen – nicht allein, sondern mit Schwager und Schwägerin. Wir besuchen die Nichte meines Mannes in Chile. Ich bin so gespannt auf das Fremde.


Grenzenlos wandern

Mein letzter Wandertag. Leider, denn eigentlich würde ich gerne noch einige Tage weiter laufen. Aber ich habe keine Wanderkarten mehr. Und nur die kleinen Kartenausschnitte im Wanderführer sind – wie sich herausgestellt hat – einfach nicht ausreichend.
Doch die letzten 22 Kilometer werden noch einmal sehr schön.
Von der ehemaligen Grenzübergangsstelle Rottenbach – Eisfeld wandere ich die Langen Berge hoch. Nein, es geht nicht sehr steil aufwärts. Das Maß aller Dinge war der Weg bei Meilschnitz, das „Alpe d’Huez“ des Kolonnenweg-Wanderers!
Heute laufe ich meistens durch Wiesen, Feldfluren, vorbei an Streuobstwiesen und Waldesrand. Es ist ein Hochsommertag.
Das Grüne Band ist hier sehr gepflegt, denke ich gerade, als ich in dieser absoluten Einsamkeit und Stille plötzlich Autogeräusche höre, die hinter mir immer näher kommen. Es ist Verena Volkmar vom Landschaftspflegeverband „Thüringer Grabfeld“ e.V. , der das Grüne Band in der Region pflegt schützt. Zusammen mit Landwirten, Schäfern und Schäferinnen erhält der Verein auf schonende Weise die Freifläche, bewahrt sie vor Verbuschung und bringt alle Betroffenen und Interessierte an einen Tisch, um sie in Planungs- und Umsetzungsprozesse einzubinden.
Verena Volkert kommt gerade von einer der Schäferinnen, die sie betreut. Jetzt will sie sich noch ein paar Stellen am Grünen Band anschauen. Man merkt sofort: Da ist jemand mit dem ganzen Herzen am Werk.

Ein paar Minuten später sehe ich rechts am Wegrand Kreuze. Hier, bei Harras, wurden 1975 zwei Grenzsoldaten von einem flüchtenden NVA-Angehörigen erschossen. Auch das ist passiert an dieser unmenschlichen Grenze.
Auf der Informationstafel werden die Grenzsicherungsanlagen detailliert beschrieben: „…Der Grenz- und Signalzaun stand unter Strom (ca. 60 Volt) und reagierte auf Berührung, welche auf 50 Meter genau lokalisiert werden konnte …“
Ich schaue mich um: Die Aussicht ist fantastisch. Diese Weite. Man schaut bis an den Horizont.
Was passiert mit Menschen, die jahrzehntelang eingeschlossen werden? Hier, wo es nur Natur und Landwirtschaft gab? Wie werden sie? Was treibt sie?
Mit festem Schritt laufe ich weiter. Grenzenlos wandern.
In Hetschbach verabschiede ich mich für dieses Jahr vom Kolonnenweg. 14 Tage war ich auf ihm unterwegs. Vergangenes Jahr bin ich in der Heimat gewandert.  Dieses Jahr in einem mir unbekannten, ja fremden Teil Deutschlands. Das war eine gute Idee, die ich irgendwann an der Ostsee zu Ende bringen möchte.

In Bad Rodach beende ich meine diesjährige Etappe am Grünen Band. Das hat auch etwas: Ich bin sozusagen von Kurbad zu Kurbad gegangen – von Bad Elster nach Bad Rodach.

Dort geblieben sind ein einzelner Socken in Blankenberg, mein schöner Strohhut irgendwo an der Saale, nutzloses Mückenspray in Schalkau, mein löchriges Trägershirt am Ziel in Bad Rodach,  Stress und die Hektik irgendwo auf dem Grünen Band.

Mitgebracht habe ich eine Unzahl von Bildern (im Kopf und auf dem Tablet), Erinnerungen an durchweg freundliche und hilfsbereite Menschen, die schon Auskunft geben wollen, bevor ich gefragt habe, oder die einen einfach so zum Kaffeetrinken einladen. Gelernt und erfahren habe ich vieles über die ehemalige innerdeutsche Grenze, was so niemand in einem Geschichtsbuch lernen kann.

Dafür ist mein Unverstädnis denjenigen gegenüber, die heute wieder Grenzen und Mauern errichten wollen, – ob in Europa oder in Amerika – noch einmal grösser geworden.

Klar ist mir mal wieder geworden, dass es Menschen gibt, die in Ruhehaltung ruhig werden, und solche, die durch Bewegung zur Ruhe kommen. Ich gehöre zur letzteren Gruppe.

Bis zur nächsten Wanderung.

Ich bin dann mal wieder da!

 

 

 

 

Das Parfum des Grünen Bandes

 

Ich weiss ja nicht, ob es daran liegt, dass ich seit 7 Wochen nicht mehr rauche, oder daran, dass in diesem relativ unberührten Teil Deutschlands manches intensiver riecht, oder dass die sommerliche Hitze verantwortlich war, oder alles zusammen – auf jeden Fall sind mir die Gerüche dieser Wanderung besonders hängen geblieben.

Sie duften gewissermaßen nach: die Felder von Kamilleblüten im Vogtland, der scharfe Gestank des Misthaufens bei Eisfeld, der Geruch von „glücklichen Kühen“ in Schalkau, der Wildgeruch in der Nähe einer Wildschweinkuhle im Frankenwald, der Duft von gemähten Gras in den Langen Bergen, von wildem Thymian bei Mödlareuth, von Schafen, Ziegen und Pferden überall am Grünen Band, von frisch gehauenem Holz am Rennsteig und, und, und…..

Schade, dass man das im Blog nicht weiter reichen kann.

 

In einem kühlen Grunde

Der Weg von Schalkau nach Eisfeld heute ist trotz der Hitze ein Genuss. Schon um 7 Uhr hat mir die Zimmerwirtin den Kaffee gebracht. Sie war Spielzeugfacharbeiterin in der DDR: „Lang ist das her“, sagt sie. Ein paar Puppen stehen noch in einer Vitrine.

Zurück in Almerswind, wo ich gestern auf dem Hinweg schon vorbei gekommen war. Da hatte mir die Gastwirtin ein großes Glas Wasser gegeben und den Weg nach Schalkau gezeigt.
Dort entdecke ich das wunderschönste Schieferhaus auf der ganzen Tour: Schieferwände mit Staniolmalerei. Überhaupt sind die Häuser hier in den Dörfern der Umgebung fein rausgeputzt, ohne „Schickimicki“ zu sein. In Weissenbrunn am Wald zum Beispiel: Mit viel Einfühlungsvermögen hergerichtete Fachwerkhäuser, daneben Bauernhöfe, wo es den Misthaufen im Hof noch gibt und die Gänsefamilie auf der Wiese zum Bach spaziert.

Von Almerswind aus geht es immer auf dem Kolonnenweg zügig hoch und dann durch den Wald. Heute komme ich mal sehr schnell voran. Und wenn man so mitten im Sinnieren ist, mit sich und der Welt und dem Weg im Reinen,  wird es wieder verstörend: In diesem Wiesengrund stand einmal eine Mühle. Nichts außer einem Hinweisschild erinnert daran. Die Weihersmühle wurde 1515 (!) zum ersten Mal erwähnt. Nie scherte sich jemand daran, dass sie an der Landesgrenze zwischen Coburg und Meiningen , später Thüringen und Bayern lag. Bis 1961 die Mauer in Berlin gebaut wurde. Da wurden die Besitzer nach Schmalkalden umgesiedelt, weil man sie verdächtigte, Menschen bei der Flucht geholfen zu haben. Das Gehöft wurde abgerissen. „In einem kühlen Gründe“….
Nach Görsdorf, dem Dorf mit der Restmauer, verändert sich die Landschaft unmerklich. Viele Kiefern neben Fichten, Heidekraut, Ginster ( was muss das an Pfingsten für ein gelber Rausch sein!), Sandboden.

Ich gehe durch das Naturschutzgebiet Görsdorfer Heide. Es ist entstanden, weil ein Regime einst einen todbringenden Zaun durch ganz Deutschland gezogen hat. Heute bietet es vielen seltenen Pflanzen und Tieren Schutz. Damit das so bleibt, muss diese „Kulturlandschaft“ ständig gepflegt werden. Sonst verbuscht sie. Verrückte Welt!
In Eisfeld, in der Nähe der Autobahnabfahrt, am damaligen Grenzübergang übernachte ich im Waldhotel Hubertus. Hubert hätte es jetzt nicht so sehr zugesagt. Mir ehrlich auch nicht. Aber die Bedienung war sehr freundlich.

Die mauer

Mauerstück bei Görsdorf: Es ist nach Mödlareuth und Heinersdorf das dritte Dorf an der ehemaligen Grenze, das durch eine Mauer geteilt bzw. abgeschirmt wurde.

 

Zum 3.oktober 1990

Als wir sie schleiften, ahnten wir nicht,

wie hoch sie ist

in uns

 

Wir hatten uns gewöhnt

an ihren horizont

 

Und an die windstille

 

In ihrem schatten

warfen alle keine schatten

 

Nun stehen wir entblößt

jeder entschuldigung.

Rainer Kunze

 

 

Wenig Strecke, viele Kilometer

Auch das gibt es: mutwillig zerstörte Informationstafeln zum Grünen Band und dem Naturschutz. Gesehen oberhalb von Meilschnitz.

Ich war durch den Wanderführer vorgewarnt: Der Kolonnenweg bei Meilschnitz sei sehr steil. Und das war nicht übertrieben. Obwohl es noch früher Morgen ist, schwitze ich aus allen Poren. Ich kann mir kaum vorstellen , dass hier Fahrzeuge hoch kommen. Na ja, Militärfahrzeuge wohl schon.
Dabei ist der Weg durch den Wald toll. Ganz still ist es. Über mir,  gar nicht hoch, kreist ein Raubvogel. Ein Reh springt über den Weg. Das dritte bisher auf der gesamten Tour.

Oben am Isaak liegt der „Generalsblick“. Hierher führten DDR-Grenzoffiziere ausländische Militärs hin, um ihnen die „perfekte Grenze“ zu zeigen. Heute habe ich einen wunderbaren Ausblick über die Bäume bis nach Sonneberg.

Dann geht’s weiter hoch bis zur Straße. Und dann kommen die Bremsen (pfälzisch). Nichts hält sie ab. Obwohl ich mit Mückenspray eingerieben bin, finden Sie immer noch einen Platz zum Zustechen.
Ich verlasse fluchtartig den Platz und laufe auf der gegenüberliegenden Seite Kolonne weiter. Am Waldrand jetzt rechts Felder, Birken säumen den Weg, dann geht’s wieder rein in den Wald, immer schön auf einer Höhe – und dann ist der Weg weg. Ich erahne noch, wo es lang gehen könnte, merke aber, dass alles keinen Zweck hat. Einen kleinen Pfad gehe ich ein paar Meter ins Dickicht, gebe aber auch das bald auf. Auf den Infotafeln am Wegrand, wird immer wieder vor Minen gewarnt, die möglicherweise noch im Boden liegen. Da habe ich viel zu sehr Schiss.
Also Kehrtwende und alles wieder zurück, die Straße erst runter nach Effelder und wieder hoch nach Rückerswind. In Effelder bestätigt man mir, dass ich durchaus richtig war. Und Minen gibt’s hier nicht mehr. „Wir gehen dort oben ja auch in die Pilze und in die Beeren!“
Dann ist es aber ein schöner Weg ins Tal der Effelder, weiter durch den Talgrund bis zum Froschgrundstausee, der von der gigantischen ICE-Brücke der Strecke Nürnberg – Berlin überspannt wird. Und: In einem Restaurant am See gibt’s gutes Essen.

In Weißenbrunn hoch über dem Stausee tut mir der Wasserfall nicht den Gefallen: Es gibt kein schönes Foto, weil das Wasser fehlt. Also auf nach Almerswind und dann noch mal 2,5 Kilometer bis Schalkau. Das erste Mal spüre ich die gelaufenen Kilometer. Es war ein sehr heißer Tag. Und durch den Umweg habe ich zwar 29 Kilometer, aber keine „Strecke gemacht“.

Ärmla, Beela, Wanstla – im Puppenmacherland

Da meine Etappe am Dienstag schon früh in Neustadt bei Coburg endet, habe ich viel Zeit für das hübsche kleine Städtchen, seinen Marktplatz, die Cafés und vor allem für das Spielzeugmuseum.
Zwei sehr freundliche Damen im Café haben mir den Tipp gegeben: Das Museum in Sonneberg sei zwar älter und grösser, aber das von Neustadt sei auch sehr, sehr schön. Sie selbst seien allerdings noch nicht dort gewesen, sagt die eine der beiden Damen. Von ihnen erfahre ich übrigens auch, wie man nach Meilschnitz kommt, wie die Nummer des Taxis ist, in welcher Gastwirtschaft es das beste fränkische Essen gibt, und dass die Neustädter früher alle für und von dem Puppenmachen gelebt hatten. „Viele als Heimarbeiter oder als Kleingewerbetreibende. Aber meistens haben sie ja Einzelteile für die großen Betriebe hergestellt: Ärmla, Beela, Wanstla.“

Das Museum ist wirklich toll. Man erfährt sehr anschaulich vieles über die Puppenmacherei seit dem 18. Jahrhundert, es gibt eine beeindruckende Sammlung von Trachtenpuppen aus aller Welt. Diese Sammlung legte den Grundstein für das Museum. Und es gibt auch eine moderne Puppenkunstausstellung (Hanne würde sich freuen, sie zu sehen – und was zu kaufen!)

Mein Höhepunkt war aber die Kinderabteilung im Untergeschoss: Riesengroße Glasvitrinen, eigentlich Puppenbühnen hinter Glas. Darin dreidimensionale Wimmelbilder mit Puppen. Von Dornröschen, von einem Zoo oder von Wilhelm Buschs „Max und Moritz“. Am allerschönsten sind aber die Vitrinen, die die verschiedenen Berufsbilder innerhalb des Puppenmacherhandwerks zeigen: Der Bossierer, der Drücker, der Puppenstopfer, der Puppenkopfmaler, der Augeneinsetzer, der Puppenfriseur…..
Ich bin immer noch ganz fasziniert, während ich in der Gastwirtschaft Eckstein sitze, einen Frankenwein trinke, eine ganz frische Forelle esse und die Aussicht auf den Neustädter Marktplatz genieße. Prost!

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