Wieder hält die Realität, was die Wetter-App versprochen hat: Sonnenschein im Eichsfeld. Nach einem herrlichen Frühstück mit Käse, frischen Eiern und alle Sorten Eichsfelder Wurst – schließlich gehört zum Klausenhof auch ein Wurstmuseum – machen wir uns auf zu einer vorgeblich „leichten Tour“ von 17 Kilometern nach Reiffenhausen, die es in sich hat. Drei kurze aber heftige Anstiege bringen uns ins Schwitzen. Entschädigt werden wir durch einen wunderbaren Frühlingstag, den Duft von blühenden Bäumen und Sträuchern, Vogelgezwitscher, Orchideen und Schlüsselblumen auf den Magerwiesen und über uns die Raubvögel.
Wie eine Narbe führt der Kolonnenweg durch die Idylle, zieht sich über die Hügel, hinunter ins Tal, zum Horizont und darüber hinaus bis an die Ostsee. Spuren der einstigen Teilung Deutschlands, bis heute spürbar.
Bis zum Meer reicht die Sicht natürlich nicht, aber der Blick kann sehr weit schweifen, und wir meinen, in der Ferne den Brocken zusehen.
Gerade zum richtigen Zeitpunkt taucht das Rittergut Besenhaus auf. Dort ist in einer ehemaligen Zuckerfabrik das wunderbare Café Rosenwinkel untergebracht. Der Stachelbeerkuchen mit Baisser ist ein Traum.
Das Gut gehörte ebenfalls der Familie Hanstein, an deren Burg wir morgens noch vorbei gelaufen sind. Das Potsdamer Abkommen sah vor, dass die Demarkationslinie mitten durch das Gelände gehen sollte: Das Gutshaus und der Hof auf sowjetisch besetzter Seite, die Wassermühle mit dem Wehr an der Leine und den Häusern der Arbeiter auf britischer Seite. So hätte das Gut nicht existieren können. Es kam zu einem Tausch: Die Russen durften das Gutshaus drei Tage lang plündern, danach wurde die Grenze verschoben, so dass das gesamte Gut zum westlichen Sektor kam.
Dann wechseln Landschaft und Stimmung: Wir kommen ins agrarwirtschaftlich geprägte Obereichsfeld mit kleinen Ortschaften wie aus dem Ei gepellt. Der Verkehr nimmt zu, die A38 ist nicht weit – und der Lärm der Autobahn ist nach einem Tag der Stille sehr laut.
Aber schon sind wir am Waldesrand und im idyllischen Reiffenhausen, wo wir eine Ferienwohnung gebucht haben. Wir bekommen ein ganzes Haus für eine Nacht. In der nahe gelegenen Gaststätte am Campingplatz erwartet man uns bereits zum Essen. Es gibt selbst gemachte Königsberger Klopse.
„Wir wussten schon, dass Ihr zum Essen kommen würdet, als Ihr es selbst noch nicht wusstet“, werden wir begrüßt. Nachbarschaftshilfe und Vereinsleben werden hier großgeschrieben. Und der Dorffunk funktioniert einwandfrei. Und weil es morgen sehr sonnig werden soll, wir keinen Sonnenschutz dabei haben, fährt der Platzwart des als Verein betriebenen Campingplatzes meine Tochter kurzerhand noch zu einem Supermarkt in Richtung Friedland.
Hier ist die Welt wirklich noch in bester Ordnung!
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