Heute essen wir zum ersten Mal Thüringer Würste. Zusammen mit fränkischen Würstchen und Sauerkraut in einem Gasthof am Rennsteig. Überall in den kleine Dörfern links und rechts des Grünen Bandes gab es früher Gasthäuser und Pensionen. Jetzt treffen wir unterwegs kaum auf eine Einkehrmöglichkeit. Häufig findet man am Ortseingang noch ein Hinweisschild mit Öffnungszeiten – aber nur, weil man vergessen hat, es abzumontieren.
Häufig bieten die Gasthöfe auch noch Übernachtungen an, allerdings ohne warmes Essen, weil Ruhetag ist, oder Ferien, oder der Koch krank.
Nicht, dass der Betrieb nicht lohnen würde. Nein, die Besitzer, in die Jahre gekommen, finden keinen Nachfolger und/oder keine Mitarbeiter. Wer will heutzutage schon an Wochenenden arbeiten, noch dazu für einen mickrigen Stundenlohn und dort, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen?
In den Gaststätten selbst ist die Zeit stehen geblieben. Das Interieur aus den 60er Jahren, viel Holz, eine Schiebetür für den zweiten Gastraum, alles im Halbdunkel – ich habe sogar den guten alten Kaugummi-Automaten wiederentdeckt. Die Speisekarte stammt auch aus den 60ern: Strammer Max und Toast Hawaii. Frische Klöße gibt es – wenn überhaupt – nur an Wochenenden und auf Bestellung.
So wandern wir am „Knödel-Äquator“ entlang, und hatten nur am ersten Abend in Bad Elster böhmische Klöße auf dem Teller.
Der kulinarische Tiefpunkt war das Gasthaus am Friedrich-Wilhelm-Stollen in Lichtenberg (Franken) bei Blankenstein (Thüringen). Wir übernachten am Mittwoch, die Gaststätte hat von Montag bis Mittwoch Ruhetag. „Die Frau“, sagt der Wirt, ist in Hof zum Einkaufen. Sie würde uns Grillhähnchen mitbringen. Ob’s recht sei? Nach einer 20-Kilometer-Wanderung ohne Einkehrmöglichkeit unterwegs ist uns alles recht. Das halbe Hähnchen – immerhin macht uns „die Frau“ noch Bratkartoffeln – muss vom schlechtesten Grillwagen der Gegend stammen. Den Geschmack nach altem Fett habe ich die ganze Nacht im Mund, und am nächsten Tag müssen wir uns beide mal des öfteren in die Büsche verziehen.
Die deftige Hausmannskost auf dem Dorf ist eine Mär, zumindest bis jetzt.
Aber das sollte niemand von der Wanderung auf dem Grünen Band abhalten.
Und ein Nachtrag: Wie schnell sich die Sachlage zum Guten ändern kann! Diesen Blog-Beitrag hatte ich Samstagabend geschrieben. Am Sonntagmittag haben wir uns verlaufen. Gott sei Dank! Wir sind nämlich an einer Gaststätte aus dem Wald gekommen, bei der es fränkische Würste gab und Klöße mit Soße – so locker und frisch hatte ich noch keine gegessen.
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