Ein Westspion im Höllental, ein toter Briefkasten (TBK), das Notizbuch eines Ostagenten, das ein westdeutscher Grenzbeamter auf einem Kontrollgang im Gras findet, nasse Pfade und dunkle Schieferhöhlen – Stoff in Hülle und Fülle für einen Thriller.
Und am frühen Morgen, als wir von der „Sommerfrische“ des Friedrich-Wilhelm-Stollens aufbrechen, während unsere Gastwirte noch schlafen – können wir uns diese Grenzgeschichten, die sich tatsächlich hier ereignet haben, sehr gut vorstellen.

Frühmorgens an der Muschwitz

Wir gehen den „Grenzerweg“ von Blankenstein aus immer an der Muschwitz lang. Kein Kolonnenweg hier, weil der Fluss die Grenze bildete. Weicher Waldboden und regennasse Graspfade. Ein Reh quert unseren Pfad. Die Biber, die es hier gibt, haben keine Lust auf Besuch. Die Landschaft hat sich verändert. Tannenwälder, Relikte früherer Bergbautätigkeit, Höhlen. Totale Einsamkeit. Bis wir hinter dem Kulmberg auf den Rennsteig stoßen.

Rennsteig trifft Kolonnenweg

Ich bin erstmal sehr enttäuscht: Wie habe ich es mir auf dem Rennsteig romantisch vorgestellt! Was hat Hubert immer erzählt vom urigen „Falkenstein“! Jetzt laufen wir auf einer geraden Schotterpiste, ideal für Radfahrer, ermüdend für Wanderer. Er scheint genau das zu sein, was der Name im Althochdeutschen bedeutet: ein schmaler Lauf- oder Reitweg. Links Forstwirtschaft, rechts Forstwirtschaft und in der Mitte die Schotterpiste. Jetzt verstehe ich den Gruß der Rennsteigwanderer: „Gut Runst!“ (Gutes Rennen!)


Wie nochmal ist Thüringens heimliche Nationalhymne? „Ich wandere ja so gerne am Rennsteig durch das Land, den Beutel auf dem Rücken, die Klampfe in der Hand…“
Aber dann – dem Touristenverein sei Dank! – trennt der Weg sich wenigstens zeitweise in eine Strecke für Wanderer und eine für Radfahrer. Die für uns führt über Waldpfade, Quellgebiete Waldlichtungen und – immer wieder über den querenden Kolonnenweg. Zu Zeiten der deutschen Teilung war der Rennsteig nicht durchgängig, und auf dem Abschnitt, auf dem wir uns befinden, war Sperrgebiet!
Leider sind – anders als ich dachte – die Gasthöfe und Imbisse am Rennsteig, verwaist, geschlossen – oder es ist Ruhetag.
Immer noch ohne Thüringer Wurst im Magen, kommen wir in dem Schieferstädtchen Brennnersgrün an. Von dort nach Spechtsbrunn wurde 1990 der Rennsteig wieder als durchgehender Wanderweg geschlossen.

Weite Sicht

In Brennersgrün übernachten wir im wunderbaren Rennsteighaus (alte Architektur, modernes Mobiliar!). Der Pächter, ein Italiener, ist gerade in Sizilien, seine alte Mutter zu besuchen. Aber da sind ja die Herbergsleute , ein ganz herzliches Rentnerehepaar, das jeden Gast liebevoll umsorgt. Das entschädigt für die nicht vorhandenen Thüringer Würste.

Schieferort Brennersgrün mit tollem Rennsteighaus!