Reisen

Tag 5: Auf Goethes Wegen

Bei wunderbarem Fronleichnamwetter starten wir unsere heutige über 18 Kilometer lange Etappe ziemlich früh, gehen noch vor der Prozession an den Blumenteppichen vorbei, um mal wieder hoch bergan zu steigen. Bis zur Felsengrotte, der letzten Kreuzwegstation der Gemeinde Balduinstein, und dem Aussichtspunkt „Saukopp“ begleiten uns die Posaunentöne des Fronleichnamszuges. Das heißt, ich höre sie nicht, aber Julia und Katharina.

 

Oben auf der Höhe gibt’s Kirschen, die wir uns gemeinsam mit Ziegen teilen, und einen tollen Blick auf die Schaumburg. Irgendwann müssen wir umplanen, denn wegen des Unwetters 2023 scheint der Teil unseres Weges über Gabelstein-Hölloch noch gesperrt.

Also geht es die Umleitung über die Felder. Die Sonne sticht…. Als wir endlich wieder auf dem Weg bzw. Pfad sind, geht es bis Obernhof eigentlich nur steil bergauf und steil bergab. Besonders nachdem wir die Lahn bei Laurenburg überquert haben, ist die Lunge gefragt. Andererseits ist der Abschnitt deshalb interessant, weil wir über ehemalige Schiefer-Abraumhalden gehen.

Überall an der Lahn wurde in früheren Zeiten nach Erzen gegraben. In Laurenburg in der Grube Holzappel von 1751 bis 1952 nach Blei, Silber, Zink und Kupfererzen. Bei der Halde besteht Rutschgefahr, und deshalb hat Rheinland-Pfalz auch 2014 mit einem Millionenbetrag den Böschungswinkel und die Entwässerung verbessert.

Natürlich war auch Goethe auf einer seiner Lahnwanderungen hier. Die Grube besuchte er 1815. Er vermerkt in seinem Tagebuch: „Auf Holzappel. Bergkommissär Schreiber . Gang nach Schmelze. Mittag bei demselben. Freundliche Bewirtung. Verschieben der Gänge. Andres Geologische. Durch die Lahnschluchten. Nassau. Theorie des Gang Verwerfen“.

Leider bewirtet uns hier oben niemand. Aber wir haben ja unsere Brote und Protein-Papp-Riegel.

Die Waldpfade sind schmal, der Aufstieg steil und an der Hangseite geht es ebenso steil in die Tiefe.

Ich ändere meine Meinung über unseren Dichterfürsten. Er muss in jungen Jahren ziemlich fit gewesen sein. Er ist wohl einmal in 3 Tagen 85 Kilometer von Wetzlar nach Bad Ems gewandert. In Obernhof, unserem heutigen Reiseziel, war er auch. Ganz oben auf einem Felsvorsprung über der Lahn – natürlich heute Goethepunkt – hat er gesessen und den Ausspruch getan: „Der Ausblick ist zum Sterben schön!“.

Verständlich, weil der Meister gerade seine unglückliche Liebe zu Charlotte Buff aus Wetzlar verarbeitete. Vielleicht auch deshalb heißt eine der vielen schönen Aussichten „Liebeslay“.

Mir ist weniger zum Sterben als zum Ausruhen. Denn 2 Kilometer vor dem Goethepunkt mit seiner Aussichtsplattform hat das Handy geklingelt. Es war das Hotel, in dem wir übernachten wollen. Wann wir denn jetzt endlich ankommen würden. Die Rezeption sei nur bis 18 Uhr geöffnet. Wir waren bereits 16 Kilometer unterwegs. Es war nach 17 Uhr. Vom Goethepunkt gings alpin einen Klettersteig an die Lahn hinunter. Wir entschieden uns für die einfachere Variante (war immer noch sehr anstrengend). Julia eilte als Vorhut voraus. Wir schafften es pünktlich. Allerdings kamen nach uns noch mehrere Wanderer und Wanderinnen. Man soll sich halt nicht hetzen lassen.

Dafür entschädigen uns die schönen Zimmer mit Namen aus Goethes Werk. Ich übernachte im König von Thule, Julia und Katharina im „Charlotte“.

Über den guten Lahnwein, den wir am Abend auf der Hotelterrasse noch trinken – morgen mehr.

 

 

 

1 Kommentar

  1. Christel Kropf

    Deine Berichte lesen sich so toll als wäre ich selbst dabei. Super interessant und unterhaltsam.Euch eine gute Zeit und kommt gesund wieder zurück.
    Liebe Grüße Christel

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