Reisen

3. Tag: Von Burgen, Brücken und dem Limburger Dom

Am Morgen verzichten wir auf ein Frühstück im Gewerbegebiet und wandern durch Villmar an die Lahn. Jetzt entdecken wir doch noch einige hübsche Häuser, Teile einer mittelalterlichen Mauer und an der Lahnpromenade auf dem Gelände der nicht mehr vorhandenen Marmorfabrik eine Marmorsägemaschine und einen Marmorschleifer mit anschaulichen Erklärungen.

Frühmorgens strahlen die meisten Flüsse eine ganz besondere Stimmung aus. Die fast unmerkliche Bewegung des Wassers, die aufsteigende Kühle, die noch nicht von der Hitze aufgesaugt worden ist, die fehlenden Geräusche von Mensch und Auto. Man hört das Flügelschlagen der Entenfamilie und das Schnabelklappern eines Schwanenpaars.

Über die Marmorbrücke geht es wieder auf die andere Seite. Wir sind uns schnell einig, nicht mehr auf die Höhe aufzusteigen, sondern auf dem Fahrradweg ins 3 Kilometer entfernte Runkel zu laufen. Eine gute Entscheidung. Wir treffen nur einen Biologen, der am Konradfelsen mit dem Fernrohr nach einer seltenen Steinbrechart sucht, und einen Ornithologen, der in begleitet. Das König-Konrad-Denkmal aus Sandstein auf einem Marmorsockel wurde im ausgehenden 19. Jahrhundert auf dem Bodensteiner Ley errichtet. Es soll den ersten deutschen König ehren. Von der Lahn aus sieht man nur wenig vom der Statue. Es schimmert weiß.

Erst kurz vor Runkel wird es betriebsamer. Eine Gruppe Jugendlicher startet an der Ankerstelle zum Kanufahren.

Wir spazieren über die alte Lahnbrücke aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, die offensichtlich damals so stabil gebaut wurde, dass sie heute noch für den Autoverkehr zugelassen ist. Hoch über uns erhebt sich die imposante mittelalterliche Burg Runkel auf einem steilen Felsen. Und wieder staune ich über die Baukünstler des Mittelalters, die dies ohne KI und hochentwickelte Maschinen vollbrachten. Und gleichzeitig: Wieviel Menschen hier unter schlimmsten Bedingungen schuften mussten…. „ Wer baute das siebentorige Theben?“

Gegenüber der Burg Runkel erhebt sich am anderen Ufer das Schloss Schadeck, erbaut als Trutzburg gegen Runkel  wegen Erbstreitereien. Die Auseinandersetzungen gingen durch die Jahrhunderte hindurch, zwischenzeitlich mischte auch der Trierer Erzbischof mit. Schließlich wurde Schadeck im Dreißigjährigen Krieg zum großen Teil geschleift.

Wir scheren uns nicht um diese alten Auseinandersetzungen und wandern durch die Gassen des sehenswerten alten Ortskerns zum Altstadtcafe. Dort wollen wir endlich frühstücken. Aber so einfach ist das nicht. Ein Rührei mit Schinken und ein überbackenes Toast, jeweils mit Milchkaffee, ist ja noch machbar. Aber dazu ein großes Frühstück mit Käse, Wurst, Marmelade und Ei überfordert die Küche. Wir verstehen zuerst überhaupt nichts. „Na, in der Küche ist kein Platz, um das alles nebeneinander fertig zu machen!“ Erst als wir versichern, dass wir Zeit haben, sie erst den Kaffee und dann nach und nach das Übrige bringen könne, gibt die Bedienung ihre Bedenken auf. Dann kommt der Heinl-Kaffee im typischen 70er Jahre Gedeck und ich fühle mich zurückversetzt in meine Schulzeit, als wir die Lateinstunde schwänzten, um im Café aus genau diesen Tassen genau jenen Kaffee zu trinken mit Scheiblettenkäse, Schinken, Ei und Marmelade.

Bevor wir die Wanderung fortsetzen, lasse ich in der nahegelegenen Apotheke meinen immer noch schmerzenden dicken Knöchel verarzten.

Dann geht es endlich weiter. Und zwar meist idyllisch am Fluß entlang. Wir rasten noch einmal an einem friedlichen Waldfriedhof, um dann eine Lahnschleife abzuschneiden und auf schattenfreiem Feld weiterzugehen. Schweißtreibend.

Die mächtige Kirche in Dietkirchen verwechsele ich erst mit dem Limburger Dom, bis ich erkenne, dass sowohl der rote Farbton als auch die vielen Türme fehlen. Der richtige Dom kommt aber bald ins Blickfeld. Wie oft habe ich ihn schon von der Autobahn aus gesehen. Jetzt ist es ein eigentümliches Gefühl, erst unter der der ICE-Trasse, dann unter der A3 durchzulaufen . Gegenüber den Pfeilern der Autobahn erscheint der Dom in der Ferne so winzig.

Wir wandern auf dem ehemaligen Treidelpfad bis zu einem Picknickplatz an einer ehemaligen Mühle. Hoch über uns erahnen wir den Dom und das Schloss. Doch zuerst müssen wir uns im Hotel ganz nahe der Limburger Altstadt den Schweiß wegduschen.

Die Limburger Altstadt ist ein Juwel. Wunderbare Fachwerkhäuser, originelle Geschäfte, Restaurants und Kneipen, italienisches Flair in den engen Gässchen.

Es gibt sogar eine Kunstbäckerei, deren Hausfassade zwar keine mittelalterlichen Schnitzereien zieren, dafür aber lustige und skurrile Fantasiewesen, die noch gar nicht nicht so alt sind. Dazu aber morgen mehr.

Man muss schon ein paar Stufen steigen, um zum Limburger Dom zu gelangen. Und obwohl die Hauptfassade gerade eingerüstet ist, kann man die Eleganz dieses Bauwerkes aus der Übergangszeit zwischen Romanik und Frühgotik erahnen. Es ist kaum zu glauben, dass diese Kirche in nur 40 Jahren gebaut worden ist. Der viergeschossige Wandaufriss im Innern gibt allen, die eintreten, ein Gefühl von himmlischer Höhe, die romanischen Fresken sind wunderbar restauriert, alles erscheint wie aus einem Guss.

Beschwingt von so viel Schönheit, verwöhnen wir uns dann auch mit einem guten Essen am Bischofsplatz. Ein wunderbarer Wandertag findet den Abschluss, den er verdient.

 

3 Kommentare

  1. Mechthild Dreyer

    Liebe Frau Lampe,
    vom Schreibtisch auch verfolge ich auch in diesem Jahr wieder Ihre Wanderung. Danke für die schönen Fotos und für die informativen Kurztexte.
    Ich wünsche Ihnen, Ihrer Tochter und Ihrer Nicht eine gute Zeit, schöne Erlebnisse und hoffentlich wenige Blessuren.

  2. Meine Leser

    Ich habe mich Euch gern angeschlossen und lerne auf diese Art eine mir noch unbekannte Region kennen. Mich würde es mal interessieren, ob es bei den Zeckenbissen Nachwirkungen gibt. Waren die alle harmlos? Mir reichte schon mal ein Biss für eine Borreliose ersten Grades. Die Biester sind meist so winzig. Viel Glück und Spaß auf Euren weiteren Wegen! Jürgen

    • Baobab

      Julia ist in Sachen „Zeckenbiss“ Expertin. Sie kann sie auch professionell mit der Zange entfernen. Dann wird der Biss beobachtet. Es sollte sich keine größer werdende Rötung ergeben. Falls doch, muss man zum Arzt.

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