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In Berka, hübsche Fachwerkstadt an der Werra im Wartburg-Kreis, treffe ich zum ersten Mal auf Menschen, die auch auf dem Grünen Band gehen. Eine Frau ist mit ihrer Nichte unterwegs. Natürlich kommen wir sofort ins Fachsimpeln. Die nächste Etappe hat es in sich – 27 Kilometer durch den Fulda-Wald, der bis zur Grenzöffnung komplett gesperrt war, und dann weiter bis Herleshausen auf hessischer Seite.
Während ich mich schon vor Beginn meiner Wanderung entschieden hatte, diese Strecke abzukürzen (auf da. 22 km), wollen die beiden anderen ihre Rucksäcke in Berka lassen, eine 24-Kilometer-Runde drehen und am nächsten Tag mit dem Zug nach Herleshausen fahren.
Man sieht daran: Wanderinnen auf dem Grünen Band sind flexibel, unideologisch, eher an Genuss orientiert und nicht darauf aus, möglichst viele Kilometer abzuhaken.
Trotzdem bin ich etwas nervös: Mein Gesäßmuskel schmerzt, und der Wetterbericht verheißt nichts Gutes.
Am morgen grüßen die Störche vom Turm und die Sonne scheint. Erst eine Auenlandschaft, die wunderbare Rundkirche in Untersuhl, dann die A4, früher mit dem Grenzübergang Wartha-Herleshausen, an dem wir manches Mal gestanden haben. Erinnerungen werden wach an Grenzschikanen, an dieses Grummeln im Bauch, bis wir endlich durch waren und der Transit begann.
Dann verstummt langsam der Autolärm je höher ich hoch auf den Fuldaer Berg komme, herrliche Aussichten aufs Werra-Tal, Kirschbäume am Weg. Der Plattenweg beginnt und der Wald wird dunkler, der sich von dem in der Rhön unterscheidet: Fichten, Kiefern, vereinzelt Birken, kaum Buchen. Ich bin ganz froh über den stetigen Anstieg, denn das geht mit der Muskelverspannung besser als abwärts. Den Aufstieg ganz zum Gipfelkreuz am Arnsberg nehme ich dann doch nicht. Zum einen will ich etwas abkürzen, zum anderen denke ich daran, dass ich dann auch wieder runter gehen muss. Dabei waren es nur noch 50 Höhenmeter. Doch ein Fehler? Nein!
Denn als ich den bequemen und darüber hinaus überaus schönen Weg durch ein Hochtal mit überall sprudelnden Quellen und Teichen gehe, fängt es wieder einmal zu regnen. Besser: Es schüttet. Es ist ein Glück, dass ich in der Nähe des ehemaligen Jagdhauses Kohlbachshäuschen bin. Zu DDR-Zeiten, als der gesamte Wald gesperrt war, fand „das Kohlbachhaus vorwiegend jagdliche Verwendung durch Grenztruppen und Angehörige der Staatssicherheit“ . Sprich: Jagdhütte der Stasi, die im gesperrten Wald ihrem Hobby frönen konnte.
Nach der Wende wurde das kleine Haus durch Waldarbeiter und ABM-Kräfte instand gesetzt.
An der Jagdhütte erschrecke ich erst einmal einen jungen Waldarbeiter, der dort auch Schutz gesucht hatte. Er dachte wohl, er sei allein im Wald!!! Er mäht mit einer Sense das Gras, das auf einer Aufforstungsfläche ziemlich hoch gewachsen ist. Eine undankbare Aufgabe, weil er mit jedem Sensenschnitt auch die Setzlinge treffen kann.
Und als der Förster noch dazu kommt, bekomme ich endlich eine Antwort auf die Frage von Marlis, ob der Borkenkäfer auch Buchen befällt. Ja, das tut er. Wusste man aber bis vor kurzem nicht. Hier wird deshalb jetzt eine Aufforstung mit Eichen versucht.
Als der Regen in Nieseln übergeht, mache ich mich auf den Weg, trinke an einer Heilquelle noch Wasser, was meine verspan6ten Muskeln auch nicht löst, und komme zum zweiten Mal in einen Regenguss. Gott sei Dank gibt es im Fuldaer Wald viele Schutzhütten.
Nach 23 Kilometer bin ich unten an der Werra. „Die letzten 5 Kilometer sind immer die schwersten“, sagt man. Und deshalb rufe ich ein Taxi, das mich zu meinem Hotel mit angeschlossener Metzgerei bringt (das zweite auf der Tour). In Herleshausen gibt es ein physiotherapeutisches Zentrum. Dort nimmt sich eine kundige Frau meiner Muskeln an.
Ende eines langen und verregneten Tages.
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